Buchvorstellung: Gesundheitsförderung kompakt

Im Buch von David Jungreithmayr werden Gesundheitsförderung für Kinder und Jugendliche, das Potential der Schule, sowie die Bedeutung von körperlicher Aktivität thematisiert.

Im ersten Teil werden dazu die Begriffe Gesundheit und Gesundheitsförderung in all ihren Facetten erörtert. Im zweiten Teil wird die Bedeutung von körperlicher Aktivität auf die physische, psychische und soziale Entwicklung der Kinder und Jugendlichen beschrieben. Anschließend werden der Gesundheitsstatus sowie die vorherrschenden Gesundheitsprobleme der Kinder und Jugendlichen im internationalen Vergleich analysiert. Zu guter Letzt wird die Schule als Setting der Gesundheitsförderung vorgestellt und Möglichkeiten zur praktischen Realisierung beschrieben. Ziel dieses Buches ist es, die Gesundheit der Kinder und Jugendlichen langfristig und bestmöglich zu fördern.

Gesundheitsförderung kompakt
Bewegte Kinder <--> Schlaue Schule

Autor: David Jungreithmayr
Verlag: AkademikerVerlag

Auszug aus dem Buch

4.3. Die Bedeutung von Bewegung, Spiel und Sport für Kinder und Jugendliche

Laut Schober (2000, S. 215f.) haben sich die Entwicklungsbedingungen für Kinder und Jugendliche durch den technischen Fortschritt in den Industrieländern deutlich verschlechtert. Immer öfter sind auch Kinder von der inaktiven Lebensweise betroffen. Diese entwickeln in weiterer Folge oft die typischen Folgeerkrankungen wie Übergewicht, Herz- Kreislaufprobleme und Haltungsschäden. Hurrelmann (2004, S. 29) spricht den Bewegungsmangel als Kernproblem der Gesundheit an. Oft ist der natürliche Bewegungstrieb der Kinder und Jugendlichen durch Massenmedien, vermehrte Motorisierung oder durch nicht vorhandene Lebens- und Spielwelten stark eingeschränkt.

Hurrelmann (2004, S. 29f.) sieht Bewegung als das wichtigste Medium für körperliche und geistige Entwicklung. Kindern soll aber nicht nur starr organisierte Vereinssportarten vermittelt werden, sondern sie brauchen auch Aktivitäten, bei denen sie ihre eigenen Stärken erkennen und ausleben können. Nur wenn Kinder auf wohl dosierte Risiken stoßen, können sich ihre sozialen und persönlichen Fähigkeiten entwickeln und so ihr Selbstkonzept stärken.

Kinder und Jugendliche sollen die Möglichkeit haben, sich täglich Bewegung, Spiel und Sport hingeben zu können. Daher müssen Interventionen auch am Umfeld (z.B.: bewegungsfreundliche Schule, Wohnumfeld usw.) ansetzen. Sowohl Eltern als auch LehrerInnen haben die Aufgabe positive Vorbilder zu sein und den Kindern die Freude an der Bewegung näherzubringen (Hoffmann et al., 2006, S. 215). Im Mittelpunkt soll hier nicht die Vermittlung bestimmter Sportarten stehen, sondern ganze Themenkomplexe, die Probleme, Wünsche und Bedürfnisse der Zielgruppe thematisieren. Dadurch können Kinder und Jugendliche Erfahrungen machen, die sie bei der Bewältigung alltäglicher Lebenssituationen unterstützen (Beckers, 1995, S. 71).

Der Aufbau eines Selbstkonzeptes und die Entwicklung der Identität sind zentrale Entwicklungsaufgaben im Kindes- und Jugendalter. Studien zeigen, dass Bewegung, Spiel und Sport bei dieser Entwicklung helfen können. Kinder und Jugendliche die regelmäßig körperlich aktiv sind, verfügen über ein besser ausgeprägtes Selbstkonzept als gleichaltrige inaktive Kinder und Jugendliche (Wagner & Alfermann, 2006, S. 341).

Bewegung, Spiel und Sport bieten Kindern elementare Erlebniswelten. Beim Spielen können die Kinder Vergangenes aufarbeiten, sowie Aggressionen und Spannungen abbauen. Kinder können auch in andere Rollen schlüpfen und somit auch andere Verhaltensweisen erproben (Zimmer, 1995, S. 182f.). In alltäglichen Situationen von Bewegung, Spiel und Sport erlernen Kinder Regelbewusstsein und sind gleichzeitig aktiv in einen Gestaltungsprozess involviert. Besonders für den Aufbau sozialer Beziehungen haben diese, spielerisch erlebten, Erfahrungen eine entscheidende Bedeutung (Fischer, 2007, S. 124). Durch Bewegung, Spiel und Sport lernen die Kinder ihre eigenen Fähigkeiten einzuschätzen und dass sie selbst Erfolg oder Misserfolg beeinflussen können. Zimmer (1995, S. 182f.) bestätigt aber auch, dass bei Bewegung, Spiel und Sport das Selbstvertrauen nicht nur gestärkt wird, sondern durch Misserfolge auch kurzzeitig verloren gehen kann. Im städtischen Bereich sind oft nur mehr isolierte Bewegungsräume vorhanden, dadurch sind die Kinder sehr stark in ihrem Welterforschungsdrang gestört. Damit die Kinder aktiv an ihrer Identitätsentwicklung beteiligt sein können, bedarf es aber auch einer passenden Umwelt (Zimmer, 1995, S. 181). Ähnlich wie Hurrelmann (2004, S. 29) erwähnt auch Hollmann (2004, S. 40) Bewegungsmangel als einen der schwerwiegendsten Risiken für die gesundheitliche Entwicklung im Kindes- und Jugendalter. Oft werden schon hier die Weichen für spätere Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes Typ II und Hypertonie gestellt. Diese durch Bewegungsmangel entstandenen negativen Konsequenzen können im Erwachsenenalter meist nicht mehr vollständig wettgemacht werden. Deshalb ist es besonders wichtig, den Kindern und Jugendlichen eine optimale körperliche und geistige Entwicklung zu ermöglichen (Hollmann, 2004, S. 43).

Auch Weineck (2007, S. 169) weist darauf hin, dass Kinder für eine gesunde Gesamtentwicklung ausreichend Bewegung brauchen. Er betont jedoch, dass sich Trainingsreize im Kindes- und Jugendalter immer nach dem biologischen und nicht nach dem kalendarischen Alter richten müssen. Da der Bewegungsdrang spätestens mit Eintritt in die Schule stark eingeschränkt wird, empfiehlt dieser bereits im Kindesalter Training. Dieses Training muss altersadäquat auf alle Bedürfnisse der Kinder eingehen und immer die physischen, psychischen und sozialen Aspekte der Kindheit berücksichtigen. Wenn das Training immer nur der Leistungsoptimierung dient und Stimmung und Wünsche nicht berücksichtigt werden, besteht die Gefahr, dass sich das Kind von den Bedürfnissen und Signalen des eigenen Körpers entfremdet (Sygusch, 2000, S. 95).

Lecheler (2008, S. 242) kritisiert heftig, dass aus dem eindeutigen Wissensstand keine, oder falsche, Konsequenzen gezogen werden.

"Schwierigen Jugendlichen wird der Schulsport gestrichen, dicke Kinder werden mit nutzlosen oder gar gefährlichen Diäten gequält und Asthmakinder von Sport und Bewegung eher abgehalten"

Hier muss ein Umdenken stattfinden und Bewegung, Spiel und Sport mit all seinen positiven Wirkungen auf den Gesamtorganismus in das tägliche Leben der Kinder und Jugendlichen integriert werden.
Denn körperliche Aktivität ist für die physische, psychische und soziale Entwicklung von Kindern von essenzieller Bedeutung. Körperliche Aktivität wirkt sich nicht nur auf die Leistungsfähigkeit und Gesundheit, sondern auch auf die schulische Leistung positiv aus (Völker, 2007, S. 131ff.).

Die Frage, ob körperlich aktive Kinder auch noch im Erwachsenenalter aktiv sind, muss beim jetzigen Stand der Wissenschaft eher verneint werden. Körperliche Aktivität ist ein sehr instabiles Verhalten, das durch viele Variablen (Schul- Wohnortwechsel, Arbeit, Beziehung, Kinder, usw.) stark ins Positive, wie auch ins Negative beeinflusst werden kann (Hoffmann et al., 2006, S. 211).

Auch Hüther (2007, S. 12) weist darauf hin, dass Bewegung, Spiel und Sport neben den bekannten medizinischen Parameter noch viel mehr Benefits aufzuweisen haben. Wenn Kinder spielen, haben sie Spaß, sie erfahren Erfolgserlebnisse und festigen so ihr Selbstwertgefühl. Kinder lernen auf spielerische Weise Andere zu respektieren und gemeinsam Probleme zu lösen. Hüther (2007, S. 19) erwähnt weiters, dass Kinder genügend Raum und Zeit zum Spielen brauchen und die erwachsenen Bezugspersonen Vorbilder sein sollen an deren Interessen, Fähigkeiten und Gesundheitsverhalten sich die Kinder orientieren können. Laut Rychtecky (2007, S. 202) ist körperliche Aktivität im Kindes und Jugendalter aufgrund der weiteren Entwicklung von Körper und Geist noch viel wichtiger als im Erwachsenenalter.

Die HBSC Studie konnte zeigen, dass Kinder und Jugendliche immer mehr an gesundheitlichen Beschwerden leiden und ihre Gesundheit subjektiv immer schlechter einschätzen. Die körperliche Aktivität nimmt mit zunehmendem Alter immer weiter ab. Die Folgen einer gestörten Nahrungsaufnahme sowohl durch Übergewicht und Adipositas, als auch durch Anorexia nervosa und Bulimia nervosa, können verheerend sein.

Deshalb ist es besonders wichtig, den Kindern so früh wie möglich Bewegung, Spiel und Sport näher zu bringen. Die positiven Effekte gehen weit über die physiologischen Parameter hinaus und die Kinder bekommen einen positiven Bezug zu ihrem Körper und lernen früh Bewegung, Spiel und Sport in ihren Alltag zu integrieren.