Taschengeld: Wieviel, ab wann und warum überhaupt?

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Der Weltspartag wird heuer coronabedingt nicht in gewohnter Form stattfinden. Vielerorts organisieren Banken alternativ Weltsparwochen oder gar ein ganzes Weltsparmonat, um auf die Bedeutung des Sparens und Geldanlegens aufmerksam zu machen.

Den Umgang mit Geld und Sparen lernt man am besten mit eigenem Geld. Aus diesem Grund möchten wir uns mit diesem Gastbeitrag dem Thema Taschengeld widmen. Wussten Sie, dass nur mehr etwa ein Drittel der Kinder in Österreich regelmäßig Taschengeld bekommt?

Viele Eltern setzen vermehrt auf „Taschengeld bei Bedarf“ für ihre Kinder. Das ist problematisch, denn Geld ist immer nur begrenzt vorhanden und die Höhe des verfügbaren Betrages orientiert sich nicht am Bedarf, sondern umgekehrt: Die Ausgaben müssen an die vorhandenen Mittel angepasst werden und diese Mittel müssen bis zur nächsten Auszahlung reichen. Taschengeld kann Kinder auf diese Realität und ihre Zukunft vorbereiten.

Schon viele 2,5-Jährige erkennen Markenlogos

Kinder in Österreich wachsen in einer Gesellschaft auf, die von Konsum geprägt ist. Auch wenn Kinder und Jugendliche dabei mit Geld erst relativ spät in Berührung kommen, mit dem Konsumieren sind sie quasi von Geburt an konfrontiert. Schon sehr früh lässt sich bei Kindern ein ausgeprägtes Markenbewusstsein feststellen und schon viele zweieinhalbjährige Kinder erkennen Markenlogos. Für den Handel ist das aus zweierlei Gründen interessant: Zum einen weil davon ausgegangen wird, dass es für die Gewinnung von markentreuen KonsumentInnen wichtig ist, schon bei Kindern und Jugendlichen anzusetzen. Zum anderen, weil Kinder und Jugendliche einen großen Einfluss auf die Kaufentscheidungen der Eltern haben. Diese Kaufentscheidungen betreffen aber nicht nur kinderspezifische Produkte, sondern auch Entscheidungen über Urlaub, Auto, Haushaltsgeräte, usw.

Mit eigenen Einkünften kommen Kinder in der Regel erst sehr spät in Berührung. Dabei wäre es aber wichtig, schon frühzeitig den Umgang mit beschränkten finanziellen Mitteln üben zu können. Taschengeld ist eine Möglichkeit, Kindern schon so früh wie möglich ein Gefühl für den verantwortungsvollen Umgang mit Geld zu vermitteln. Eine Fähigkeit, die in einer Gesellschaft, in der Geld eine so zentrale Rolle spielt, unerlässlich ist.

In der Familie offen über finanzielle Möglichkeiten und Grenzen reden

Dabei ist es wichtig, das Thema Geld zu enttabuisieren. In der Familie sollte offen über finanzielle Möglichkeiten und Grenzen geredet werden können. Eine zentrale Rolle kommt den Eltern als Vorbildern zu – sie leben dem Kind ihren eigenen Umgang mit Geld vor. An diesem wird sich das Kind orientieren. Und jede mit dem Kind vereinbarte Regel zum Taschengeld ist wertlos, wenn von den Eltern das genaue Gegenteil vorgelebt wird.

Was Kinder mit Taschengeld lernen

Taschengeld bietet Kindern die Möglichkeit zahlreiche Erfahrungen zu sammeln und auch Fehler zu machen. Machen sie die gleichen Fehler erst als Erwachsene, kann das schwerwiegende Konsequenzen haben. Es ist also ein ideales Übungsfeld für die Entwicklung von Kompetenzen im Umgang mit Geld. Dabei machen sie Lernerfahrungen wie:

  • Den Wert des Geldes kennenlernen
    Wenn Kinder ihr eigenes Geld ausgeben müssen, bekommen sie ein Gefühl für „viel und wenig“, „teuer oder preiswert“.

  • Eigene finanzielle Entscheidungen treffen
    Ist eine Anschaffung sinnvoll? Wo ist es teuer und wo eher günstig? Wann sollte man eher das teurere Produkt kaufen? Nur wer Entscheidungen selber treffen darf, kann auch wirklich lernen. Dazu gehören auch Fehlkäufe und damit einher gehende Enttäuschungen.

  • Den Überblick behalten
    Wenn Geld nicht eingeteilt wird, ist es schnell weg und viele kleine Ausgaben führen vielleicht dazu, dass ich mir den großen Wunsch nicht mehr erfüllen kann.

  • Vergleiche anstellen
    Kinder werden sich bezüglich Taschengeld mit anderen vergleichen. Das macht zwar die Diskussion daheim anstrengender, ermöglicht aber einen kritischen Blick: Wofür geben Freunde ihr Geld aus und wofür nicht? Manche Mitschüler bekommen mehr Geld, andere weniger – warum könnte das so sein? Was ist für mich persönlich wichtig und worauf kann ich verzichten?

  • Geduld haben
    Bedürfnisse und Wünsche sind nicht immer sofort und unbegrenzt finanzierbar. Vor allem das Sparen auf größere Anschaffungen braucht oft Geduld und Ausdauer.

  • Rücksicht auf die finanzielle Situation der Familie nehmen
    Wenn offen über finanzielle Fragen gesprochen wird und gleichzeitig der Wert von Geld für das Kind über Taschengeld erfahrbar wird, steigt auch das Bewusstsein für die finanziellen Herausforderungen der Familie.

Ein paar wichtige Grundsätze zum Taschengeld:

Es gibt keinen gesetzlichen Anspruch der Kinder auf Taschengeld und somit auch keine vorgeschriebene Höhe. Vielmehr handelt es sich um eine freiwillige Zuwendung von Seiten der Eltern. Wer sich dafür entscheidet, seinem Kind Taschengeld zu geben, sollte ein paar wichtige Grundsätze beachten:

  • Taschengeld sollte frühestens mit Schuleintritt gegeben werden. Kinder im Vorschulalter können den Wert von Geld noch nicht begreifen.
  • Die Höhe des Taschengeldes sollte mit dem Kind besprochen werden.
  • Eltern und Kind sollten gemeinsam klären, wofür das Taschengeld bestimmt ist: Was muss davon bezahlt werden und was zahlen die Eltern?
  • Taschengeld pünktlich und regelmäßig auszahlen! Das Kind soll damit planen können. Unregelmäßiges Auszahlen könnte das Kind zum Schuldenmachen (ausborgen von Freunden z.B.) verleiten.
  • Bei Volksschulkindern empfiehlt sich eine wöchentliche Auszahlung. Später kann man zu 14-tägigen bis hin zu monatlichen Intervallen wechseln.
  • Zu schnell ausgegebenes Taschengeld darf nicht wieder ersetzt werden. Sinnvoll ist jedoch ein Gespräch darüber, wie es dazu kommen konnte und wie dies in Zukunft vermieden werden kann.
  • Fehler und Fehlkäufe machen ist ok. Kinder sollen ihre eigenen Erfahrungen in Bezug auf Geld machen können.
  • Kein Taschengeldentzug! Taschengeldentzug soll nicht als Erziehungs- und Machmittel missbraucht werden.
  • Übliche Mithilfe im Haushalt soll nicht mit Geld belohnt werden, sondern als Beitrag für die Familie gesehen werden.
  • Auch gute (schulische) Leistungen sollten nicht mit Geld belohnt werden. Vor allem bei mehreren Kindern wird dies oft als ungerecht empfunden, da Begabungen unterschiedlich verteilt sind. Bekommt das eine Belohnung, das die besseren Noten hat, oder jenes, das sich mehr angestrengt hat?

Leben Eltern getrennt oder bekommen Kinder auch von Großeltern regelmäßig Geldzuwendungen, sind das besondere Herausforderungen, die ebenso abzuklären sind. Vielleicht ist es zum Beispiel möglich, Großeltern oder den Ex-Partner davon zu überzeugen, dass es sinnvoll ist, Geld für das Enkelkind zu sparen und nur geringe Geldbeträge direkt an das Kind zu geben. Im Mittelpunkt sollte immer das langfristige Wohl des Kindes stehen und nicht die kurzfristige Befriedigung jedes Wunsches.

Wieviel Taschengeld?

Über die Höhe des Taschengeldes lässt sich streiten. Und vielleicht sollte man das auch. Oder zumindest darüber diskutieren. Denn im Gespräch mit dem Kind lässt sich so klären, wofür das Taschengeld eigentlich gebraucht wird und was ohnehin die Eltern bezahlen. Eine Entscheidung über die Höhe und die Art der Auszahlung ist abhängig von den persönlichen Werten und Einstellungen, den individuellen finanziellen Verhältnissen der Familie, dem Erziehungscharakter der Eltern, dem Bedarf des Kindes aber auch sonstigen finanziellen Zuwendungen oder Geschenken im Laufe des Jahres. Die Diskussion mit dem Kind ist eine Chance, sich gemeinsam intensiv mit dem Thema Finanzen auseinanderzusetzen und die Wünsche und Bedürfnisse des Kindes kennen zu lernen.

Eine Orientierung zur Höhe von Taschengeld für unterschiedliche Altersstufen

Sonderwünsche und Taschengeld

Taschengeld kann und soll auch zur Finanzierung von Sonderwünschen verwendet werden, die die Eltern nicht erfüllen wollen oder können: Das teure Smartphone-Modell muss nicht von den Eltern bezahlt werden. Es reicht ein günstigeres Modell oder das Geld für dieses. Den Aufpreis für das teurere Modell kann das Kind aus Taschengeld und Ersparnissen beisteuern. Das gleiche Prinzip kann man zum Beispiel auch bei der Jause in der Schule anwenden: Das Kind kann sich aussuchen, ob es die Jause von daheim mitbekommt, oder sich unterwegs versorgt. Die teurere Variante von Bäcker oder Schulbuffet muss es dann aber vom eigenen Geld bezahlen. Dadurch wird das Kind bewusster entscheiden, wie es seine finanziellen Mittel verwendet.

Wirtschaftsgeld: über das Taschengeld hinausgehend mehr Verantwortung

Werden Kinder älter, wollen sie immer mehr Entscheidungen auch selber treffen. Wirtschaftsgeld ist eine Möglichkeit, nach und nach Verantwortung an Jugendliche zu übertragen. Dabei geht Wirtschaftsgeld über das Taschengeld hinaus. Wirtschaftsgeld wird Jugendlichen zweckgerichtet für die Bezahlung von Dienstleistungen und Produkten zur Verfügung gestellt. Das kann zum Beispiel heißen, dass die Kinder zwar jetzt mehr Geld bekommen, davon aber auch selbstständig Schulsachen, Kleidung und Freizeitaktivitäten zahlen müssen, die bisher nicht aus dem Taschengeld bezahlt werden mussten.

Die Höhe des Betrages richtet sich danach, wie die finanziellen Möglichkeiten der Familie ausschauen und welche Entscheidungen dem Kinder überlassen werden sollen und welche die Eltern selber treffen wollen. Ausführliche Gespräche zwischen Eltern und Kindern über Wünsche und Vorstellungen der Familienmitglieder und über Konsum im Allgemeinen sollten fixer Bestandteil sein.

Praktische Unterrichtsmaterialien zum Thema:

Weitere Infos zum Thema Taschengeld finden Sie in der kostenlosen bestellbaren Broschüre „Taschengeld & Co.“ oder auf SCHULDNERHILFE OÖ.

Materialienheft für die Elternarbeit zum Thema Taschengeld und darüber hinaus

MÜNZE ÖSTERREICH hat im Rahmen der Initiative "Taschengeld" Unterrichtsmaterialien und Stundenbilder erarbeitet, wie das Thema Taschengeld im Schulunterricht aufgearbeitet werden kann.

ÜBER DEN AUTOR: Mag. Thorsten Rathner leitet das Institut Finanzkompetenz (Fachabteilung der SCHULDNERHILFE OÖ für Finanzbildung und Überschuldungsprävention) und ist seit über 13 Jahren in der Überschuldungsprävention tätig. Er hält jedes Jahr zahlreiche Vorträge, Workshops und Seminare für Jugendliche und (junge) Erwachsene rund um das Thema Umgang mit Geld und Schulden. Darüber hinaus auch Workshops zum Thema „Taschengeld“ im Rahmen von Elternabenden, Elterncafés und Elternvereinen.