Momente gelingender Beziehung. Was die Welt zusammenhält. .eine Spurensuche ..

Die Themen der Dialoge knüpfen an die Fachbereiche und das Expertenwissen der genannten Persönlichkeiten an, noch mehr aber als um ihre Feldkompetenz geht es um den besonderen Zugang zur Beziehungskompetenz.


AutorInnen: Warnke K u Lievenbrück B

Verlag: Weinheim Basel: Beltz

Erschienen: 2015

Zum Inhalt

Krista Warnke  -  bis 2009 Professorin für Musikwissenschaft und Musikpsychologie an der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg -  und Berthild Lievenbück - Oberstudienrätin für Musik und Englisch an der Gelehrtenschule des Johanneums in Hamburg - führen Dialoge mit  dem Familientherapeuten und Konfliktforscher Jesper Juul, mit dem Neurobiologen Gerald Hüther, mit der Politikwissenschafterin Gesine Schwan, dem Mathematiker und Systemwissenschafter  Wolf Dieter Grossmann und der Entwicklungspolitologin Claudia von Braunmühl, weiter mit Gino Romiro Ramirez, dem "Geigenzauberer von St. Pauli" und Magdalena Abrams, der Begründerin von "Musik ohne Grenzen".   Die Themen der Dialoge knüpfen an  die Fachbereiche und das Expertenwissen der genannten Persönlichkeiten an,   noch mehr aber als um ihre Feldkompetenz geht es um den besonderen Zugang zur Beziehungskompetenz:  Wie sehen sie die Augenblicke aus, die das Potential grundlegender Veränderung zum Positiven enthalten, sogenannte Momente gelingender Beziehungen? Welche Beispiele aus dem Alltag können sie einbringen?  Welche Einblicke etwa  hat der Konfliktforscher gewonnen, was haben uns die Systemwissenschaften zu Momenten gelingender Beziehung zu sagen,  welche neurobiologischen Veränderungen begleiten/ fördern Momente gelingender Beziehung? Welche Chancen bietet das gemeinsame Musizieren? U. v. a. m.

Die Essenz der Gespräche wird am Schluss nochmals vor Augen geführt.  Bausteine gelingender Beziehungen sind: Aktiv werden, die gegenseitige Wirkung von Denken und Fühlen, eine mehrheitlich prosoziale Einstellung. Dann gibt es noch die Voraussetzungen für die Momente gelingender Beziehung.  Diese werden in 6 Gruppen gebündelt:  Offenheit, Zugewandtheit, Respekt,  Mut, Humor und Zeit. Wohltuend ist, dass bei der Aufzählung der Bausteine und Voraussetzungen das schon sehr extensiv gebrauchte und abgenutzte Wort "Achtsamkeit" ausgespart wird.

Der Rezensent sieht zwei Seiten. Einerseits sind die Momente gelingender Beziehung tatsächlich kleine Kostbarkeiten des Alltags, unprätentiös, authentisch, stimmungsaufhellend, entspannend,  und wie aus der Chaosforschung sattsam bekannt:  Kleine Ursachen (der  viel zitierte Flügelschlag des Schmetterlings) können große Wirkungen zeitigen.

 Andererseits entspricht der Ansatz der Erwartung, dass das Wohlverhalten des Einzelnen von der Welt bedankt wird, wie es das assumptive world-concept zum Ausdruck bringt: die Welt ist grundsätzlich gerecht, wohlwollend, unser Selbst ist gut et..

Wieder andererseits kennt die Chaosforschung den tipping point, jene kleinen zeitgerechten  Impulse, die eine Systemänderung mit sich bringen.  Und die Beiträge im vorliegenden Buch sind weder blauäugig, noch wird eine rosarote Brille aufgesetzt. Es kann Erschwernisse, Blockaden, Hindernisse geben, aber  wie es z.B. auf Seite 131 heißt, es geht um beides: Risikobereitschaft und Vertrauensvorschuss.  Und: Musik schafft keinen Weltfrieden, doch baut sie Brücken zwischen den Kulturen.

Die Autorinnen und Autoren bringen viele Aspekte ein, um die positive Streuwirkung gelingender Beziehungsmomente zu demonstrieren.   So z.B.  das "kreuzkatalytische Netzwerk" (Seite 91ff), ein gegenseitiges Fördern von Wachstum, demonstriert am Zusammenspiel des Wurzelpilzmantels eines Baums und des Baums:  Die Pilze ätzen Mineralstoffe aus dem Erdreich, diese kommen dem Baum zugute, der dafür aber  mehr assimiliert und dies dem Wurzelpilz zukommen lässt usw. Ein anderes Beispiel kommt aus der Entwicklungszusammenarbeit (Seite 99), wo die Schranken selektiver Kommunikationsformen überwunden werden. "Es sind Momente, in denen die Vorstrukturen, die einen zueinander gebracht haben, die herrschaftliche Strukturen sind und Privilegien enthalten, über die menschliche Begegnung ein Stück weit ausgeräumt werden können." (Seite 99).

Ein letztes Beispiel: Ein Psychosomatik-Institut hat einen Forschungsbericht erstellt, demzufolge Medikamente besser wirken, wenn sie von einer guten Beziehung, d.h. Kommunikation zwischen Arzt und Patient begleitet sind. (Seite 44f).

Resümierend stellt der Rezensent bei sich fest:  Die Neugier, Momente gelingender Beziehung aufzuspüren, zu gestalten überwiegt die Skepsis!  

Die Ehrlichkeit und Sachlichkeit der Beiträge verbunden mit der engagierten Bereitschaft, der Wirkung des Positiven zu vertrauen, ohne aber in die Falle eines überbordenden Euphemismus oder  in die Versuchung eines entgleisenden Wunschdenkens zu geraten, macht Mut zum Selbstversuch. Oder wie  die Autoren abschließend feststellen, wenn ein Moment der Beziehung gelingt: Vorsicht! Ansteckend!

 

 

 

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
19.02.2015
Link
https://pup.schule.at/portale/psychologie-und-philosophie/news/detail/momente-gelingender-beziehung-was-die-welt-zusammenhaelt-eine-spurensuche.html
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