Veränderte Bewusstseinszustände. Grundlagen - Techniken - Phänomenologie

Der Autor lehrte und forschte am Bender Institute of Neuroimaging in Gießen und am Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene in Freiburg. In seinem Buch schildert Vaitl zunächst veränderte Bewusstseinszustände, wobei der Begriff "Bewusstsein" problematisiert wird...

Buchtitel: Veränderte Bewusstseinszustände. Grundlagen - Techniken - Phänomenologie 
Autorinnen: Vaitl D
Verlag: Schattauer
Erschienen: 2012

Zum Inhalt

Interessant ist der phänomenologische Zugang auf die Erfassung von Bewusstseinszuständen: 12 Dimensionen (und 14 Unterdimensionen) ermöglichen eine "Kartierung" der Bewusstseinszustände, d.h. ihre differenzierte Beschreibung aufgrund unterschiedlicher Ausprägungen der einzelnen Dimensionen wie positive Affekte, negativ Affekte, visuelle Vorstellungen, innerer Dialog u. v. a. m. Es ist unerwartet, dass die Erlebnisse während veränderter Bewusstseinszustände durch drei Erlebnisdimensionen erfasst werden können: Ozeanische Selbstentgrenzung, angstvolle Ich-Auflösung, visionäre Umstrukturierung. Vaitl selbst hat vier Funktionsbereiche statt der Dimensionen angeführt: Aktivierung, Aufmerksamkeitsspanne, Selbstbewusstheit, sensorische Veränderungen. Die Philosophie spricht von einer "epistemischen Asymmetrie" der Bewusstseinsforschung, weil hier wie nirgends sonst der introspektive und der von außen beobachtende Forschungsweg als grundverschieden einander gegenüber stehen. Man könnte den veränderten Bewusstseinszustand auch als Zustand vorübergehender Fehlrepräsentation der Informationen aus den Signal-Input-Kanälen und der Daten aus den Integrationsmechanismen verstehen. Kapitel zwei referiert über Modelle des Bewusstsens und seiner Veränderungen, wobei neurowissenschaftliche Modelle (z.B. Zusammenbruch der Kooperation, Diskonnektivität) von kognitiven Modellen (z.B. Informationsverarbeitung) unterschieden werden.

Nach den begrifflichen Erklärungen im ersten Teil folgt nun eine Darstellung pathologischer Veränderungen des Bewusstseins, die qualitativ sein können (z.B. Bewusstseinstrübung) oder quantitativ (z.B. Somnolenz). Die Bewusstseinsveränderungen bei Epilepsie, Schizophrenie, bzw. bei dissoziativen Störungen ( bei denen es zu einem Auseinanderbrechen normalerweise integrierter Funktionen kommt). Allerdings ist festzuhalten, dass dissoziative Phänomene auch durch experimentelle bzw. therapeutische Maßnahmen hervor gerufen werden können. Ein folgender Abschnitt befasst sich mit spontan auftretenden Bewusstseinsveränderungen  im Zusammenhang mit Schlaf und Traum (z.B. infolge von Schlafentzug), Nahtod-Erfahrungen, Außerkörper-Erfahrungen, außergewöhnlichen Erfahrungen (wie z.B. "Spuk" oder außersinnliche Wahrnehmungen) und mystischen Erfahrungen.

Im folgenden Teil geht es um induzierte Bewusstseinsveränderungen, sei es durch pharmakologische Methoden, durch physiotrope Methoden, durch Schamanismus, Hypnose, Autogenes Training, Meditation (interessant dabei auch die Hinweise auf unerwünschte Nebenwirkungen wie z.B. das Hervortreten innerer Unruhe bei Reduzierung der ablenkenden Umweltstimulationen), durch Flow-Zustände (diese zeichnen sich dadurch aus, dass sie nicht durch Außergewöhnliches entstehen, dem man passiv ausgeliefert ist, sondern infolge unseres Könnens und unserer Erfahrungen auftreten).

33 Abbildungen und 11 Tabellen helfen durch Visualisierung bei der Überblicksgewinnung. Der Autor findet eine klare, sachliche und anregende Mitteilungsform.  Das Buch ist ein Gewinn für alle, die sich aus bloßem Interesse oder aus Fragen des professionellen Umgangs mit diesen Grenzphänomenen mit veränderten Bewusstseinszuständen befassen!

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
11.07.2012
Link
https://pup.schule.at/portale/psychologie-und-philosophie/news/detail/veraenderte-bewusstseinszustaende-grundlagen-techniken-phaenomenologie.html
Kostenpflichtig
nein