Flandern, vermutlich in den 50ern. Ti, der eigentlich Johannes heißt, wurde "mit der Zange geholt", er ist "der Dorftrottel", er kann nicht sprechen, das einzige Wort, das der meist grinsende Junge spricht, ist Ti (in allen Ton- und Gemütslagen). Ti wohnt bei Cordule, aber er schwirrt unentwegt herum, denn das Dorf gehört Ti und Ti gehört dem Dorf. Das heißt, dass er wohlgelitten ist und die meisten Menschen freundlich zu Ti sind; sie laden ihn auf Bier ein und nehmen ihm auch seine Streiche nicht krumm. Nur wenn Ti sich verhöhnt fühlt, zieht er sich in eine eigene Phantasiewelt zurück, in die man schlecht vordringt.

Rie, ein elfjähriger Junge, erzählt uns viel von dieser Geschichte; er hat sich mit Ti angefreundet, er freundet sich auch mit der schönen Nora an, die einst das Dorf verlassen musste und nun einmal im Jahr zur Kirmes wiederkommt. Aber es ist schwer für einen Elfjährigen mit all den Überraschungen, Neuigkeiten, mit der weiten Welt (=Brüssel) - und auch mit der Freundschaft zu Ti umzugehen. Mehr zufällig zerbricht diese Welt...

Wir erleben gerade noch das Zerbrechen mit; bis dahin fängt uns flandrischer Alltag in seiner Spießigkeit ein, aber wir erleben auch die Aufgeregtheit und Unbeschwertheit der Kindheit. Van Daele hat Tis Welt sehr überzeugend und ohne großes Tamtam um den Außenseiter dargestellt. Ti lebt so, wie man glaubt, dass Behinderte einst in Dorfgemeinschaften gelebt haben – freundlich integriert, von ein paar bösen Zungen abgesehen. Da gibt es keine Jagdszenen, als wär's ein Stück von Kroetz, da kann die Gemeinschaft mit vielem umgehen, und auch der Baron, der Pfarrer und der Direktor der Schule sorgen für Ordnung. Letztendlich aber ist jede Welt brüchig...

Vermutlich wird das Buch keine große Leserschaft haben, aber für ein Projekt zum Thema "Außenseiter" scheint es mir unverzichtbar – gerade, weil es ein relativ ruhiges Buch ist.