Wir retten leben, sagt mein Vater

Allein der absurde Schauplatz macht das Buch lesenswert. Die fünfzehnjährige Ich-Erzählerin wohnt bei der halben Brücke, einer Flussgegend, an der die Welt aufhört. Mit ihren Eltern und ihrer an den Rollstuhl gefesselten Großmutter wohnt sie in einem Haus, das an einer Haarnadelkurve der an sich ...

Allein der absurde Schauplatz macht das Buch lesenswert. Die fünfzehnjährige Ich-Erzählerin wohnt bei der halben Brücke, einer Flussgegend, an der die Welt aufhört. Mit ihren Eltern und ihrer an den Rollstuhl gefesselten Großmutter wohnt sie in einem Haus, das an einer Haarnadelkurve der an sich endlos geraden Straße liegt, die zum Fluss führt. In regelmäßigen Abständen kracht ein Auto in dieses Haus – so kam auch ihr Vater an diesen Ort, und er blieb und heiratete die Tochter des Hauses (die ihre Entscheidung schon längst bereut). Das Mädchen träumt vom jungen schönen Mann, dessen Vorname mit B beginnen muss; in der Zwischenzeit aber wehrt sie sich bloß so halb und halb gegen die lesbischen Verführungskünste ihrer Freundin Sue. Und ab und zu geht sie in der Nacht zur halben Brücke, wo seltsame Dinge passieren, die sie nicht ganz versteht.

So weit das leicht skurrile Setup. Bis eines Tages Zack in ihr Haus kracht; und die Welt noch komplizierter wird.

Van Ranst hat sehr schön gezeigt, wie auch eine sehr begrenzet Welt ein komplexes und zum Teil undurchschaubares Gefüge sein kann. Die etwas naive Ich-Erzählerin entdeckt allmählich ein paar Wahrheiten: über den Tod des Großvaters, das nächtliche Treiben an der halben Brücke, ihre Freundin Sue und – mit dem geringsten Erfolg – über sich selbst. Das aber ist das Schöne an dem Buch: die halbe Brücke als Metapher für die unabgeschlossene Selbstfindung, die wir ein Stück begleiten dürfen. Reizvoll ist auch die Vermischung von Wirklichkeit und Tagtraum, die für Erzähltempo sorgt und dem schmalen Roman ein bisschen Ausnahmecharakter in der KJL verleiht. Lesenswert!

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
01.01.2007
Link
https://rezensionen.schule.at/portale/rezensionen/julit-deutsch/detail/wir-retten-leben-sagt-mein-vater.html
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