Zickzackkind

Dem Erscheinen des Buches eilte schon großes Lob voraus, und ich war anfänglich ein bisschen enttäuscht. Die Reise des 13jährigen Nono Fejerberg von Jerusalem nach Haifa zu seinem strengen Onkel Schmuel Schilhav setzt sich, schleppend wie der Zug, in Bewegung. Nono wird von einem gewissen Felix ...

Dem Erscheinen des Buches eilte schon großes Lob voraus, und ich war anfänglich ein bisschen enttäuscht. Die Reise des 13jährigen Nono Fejerberg von Jerusalem nach Haifa zu seinem strengen Onkel Schmuel Schilhav setzt sich, schleppend wie der Zug, in Bewegung. Nono wird von einem gewissen Felix entführt (entführt?) und allmählich in einen Strudel bunter Abenteuer verwickelt. Der Lokführer wird zum Anhalten gezwungen, sie setzen, von der Polizei verfolgt, in einem Bugatti die Reise fort, Felix entpuppt sich als Meister der Verwandlung etc. etc. Immer wieder sind Erinnerungen und Rückblenden eingestreut - durchaus unterhaltsam eben, aber nicht weiter ungewöhnlich. Erst ab etwa der Mitte des Buches (der Zug war schon längst entschwunden) kamen Buch und ich so sehr in Schwung, dass ich meine Hefte unkorrigiert ließ und "Zickzackkind" ohne Unterbrechung zu Ende las. Allmählich entpuppt sich nämlich die wahre Größenordnung der Geschichte. Felix ist der berühmte Verbrecher Felix Glick (Erinnerungen an Arsène Lupin wurden wach), und die Entführung(?) Nonos wird durch die Tatsache, dass Nonos Vater Kommissar (der beste Israels) ist, noch bedeutsamer. Und was hat Lola Chapparola, die berühmte Schauspielerin, die von Nonos 'Ersatzmutter' Gabi so verehrt wird, mit allen den Vorfällen zu tun? Auf nach Tel Aviv, um mehr zu erfahren... Und was geschah eigentlich mit Nonos Mutter, der schönen Sohara, deren kurzes Leben sich uns allmählich enthüllt? Wie wird die Konfrontation zwischen Felix und Nonos Vater aussehen? Wie wird sich Nono dabei verhalten?

Mit der Zeit wird das Buch nicht nur ein spannendes Geflecht von Verwicklungen und Beziehungen, sondern es bewahrheitet sich auch der Satz: Was wir sind, hat bereits lange vor uns begonnen. Nono reist in der Zeit zurück, um - wenige Tage vor seiner Bar Mizwa - für die Zukunft gerüstet zu sein. Das uralte Thema der rite de passage wird von Grossman in das Gewand alter, fast umständlicher, Abenteuerromane, wie wir sie aus der Kindheit kennen, gekleidet. Ein Lob auch der Sprache, die immer wieder mit überraschenden Fügungen, die knapp, aber treffend sind, aufwartet. Sie sehen, ich habe das Buch also letztendlich doch mit Freude gelesen.

NUR - welche Jugendlichen werden dies auch tun? Ich nehme fast an, dass "Zickzackkind" (ein schönes Wort, übrigens) eher von Erwachsenen geschätzt werden wird. Geben Sie das Buch dennoch an Schüler/-innen weiter, von denen sie wissen, dass sie bereit sind, sich ein wenig Zeit zu nehmen. Es gibt ja immer wieder eine Handvoll, die sicher auch diesen Roman zu schätzen wissen. Die werden dann vielleicht auf andere Romane Grossmans (z.B. "Der Kindheitserfinder") neugierig.
(GF10/11-1996)

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
01.07.2001
Link
https://rezensionen.schule.at/portale/rezensionen/julit-deutsch/detail/zickzackkind.html
Kostenpflichtig
nein