Schneeweiß und Russenrot

Dorota Masłowska hat diesen Roman mit 18 geschrieben (polnische Erstausgabe 2002) und dafür jede Menge Anerkennung eingeheimst, unter anderem auch den Deutschen Jugendliteraturpreis. Gelobt wurden allseits der fetzige Stil, die Neubelebung des Pop-Romans, die Fortsetzung der Salinger- und W ...

Dorota Masłowska hat diesen Roman mit 18 geschrieben (polnische Erstausgabe 2002) und dafür jede Menge Anerkennung eingeheimst, unter anderem auch den Deutschen Jugendliteraturpreis. Gelobt wurden allseits der fetzige Stil, die Neubelebung des Pop-Romans, die Fortsetzung der Salinger- und Welsh-Tradition. Weniger hervorgehoben wurde, dass der Roman immer wieder sexistische und fremdenfeindliche (gegen die Russen!) Elemente enthält. Sie sind eben Teil der Authentizität von Andrezej, den wir beim Herumirren, Herumsaufen, Speed einwerfen und Herumvögeln – bei seiner kleinen Sinnsuche eben – ein paar Stunden seines jungen Lebens begleiten. Klar, dass er schlecht drauf ist – seine Freundin Magda hat ihn gerade verlassen und ist dabei, bei so einem anderen Arsch zu landen, und das mag eben viel entschuldigen. Konfusion, Geschwätzigkeit, Melancholie, Sinnleere, Ãœberdrehtheit, auch ein bisschen Witz und Groteske ergeben für uns das Bild eines (polnischen) Jugendlichen, der in einer namenlosen Stadt herumirrt. Große sprachliche Gesten decken die eigentliche Leere – und das ist es wohl auch, was Masłowskas Roman zu so einem großen Erfolg machte: Man kann sich (als Jugendliche/r) leicht wieder finden im Pathos, im Tempo, in der Coolness, im Aberwitz manch trauriger Figur (das Mädchen, das ewig alles rauskotzt). Die Pose wird dabei immer wieder zum scharfen Bild ("Wir sind todernst, wir rauchen Zigaretten und nehmen so tiefe Züge, dass das Echo im ganzen Haus widerhallt, und stippen die Asche in einen leeren Aquarellmalkasten."), sodass auch ich mit der Lektüre versöhnt bin, obwohl es mir natürlich eine fremde Welt bleibt. Aber dass am Schluss eine Sekretärin Masłowska auftritt, ist wenigstens ein Schuss romantischer Ironie; und dass das Leben ein "Splatterfilm" ist, ist ja auch ein "cooler" Gedanke – wenn nicht gerade ein tröstlicher.

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
01.12.2006
Link
https://rezensionen.schule.at/portale/rezensionen/julit-deutsch/jugend/detail/schneeweiss-und-russenrot.html
Kostenpflichtig
nein