Dabei schwingt bei ihr durchaus der Begriff „Sommerlektüre“ mit, ihre Romane sind leicht zu lesen, manchmal auch durchaus platt (etwa wenn Hannah, die Heldin dieses Buche, glaubt, ein Jane Austen-Romanleben führen zu können), manchmal so bewusst retardierend erzählt, dass man schon die Geduld verlieren möchte, weil sich gar nichts zum Guten wendet.

„The Golden Rule“ bedient sich zweier Hintergrund-Folien – einerseits „La Belle et la Bête“, andererseits Highsmiths „Strangers on a Train“.

Hannah, knapp 30, von ihrem Ehemann Jake betrogen und verlassen, lebt in prekären Umständen mit ihrer kleinen Tochter Maisy. Jake hat ein Verhältnis mit einer gewissen Eve, er zahlt kaum Alimente, ist unberechenbar und gewalttätig. Er stammt aus einer vornehmen Familie, Hannah hingegen aus einem armen Haushalt aus Cornwall.

Zu Beginn des Romans finden wir Hannah im Zug nach Cornwall, denn ihre Mutter liegt im Sterben. Dort trifft sie auf Jinni, die sie nicht nur in die erste Klasse einlädt, sondern ihr vorschlägt, dass sie wechselseitig die Ehemänner umbringen. Hannah macht sich ans Werk und bricht nach Endpoint auf, wo sie aber nur den Verwalter vorfindet, einen riesigen, schrecklich aussehenden Mann. Der ist natürlich nicht der Verwalter, sondern der Hausherr, ein überaus erfolgreicher Spiele-Designer. Allmählich merkt Hannah, dass Jinni ihr nicht die ganze Wahrheit erzählt hat…

Es folgen jede Menge Verwicklungen, die für (fast ermüdende) Spannung sorgen, die jedoch sehr typisch für sehr typische Sommerlektüre sind. Was Craig aber dazu noch liefert, ist jede Menge an Politisierei. Feminismus, Brexit, Klassenunterschiede, Armut, Gewalt gegen Frauen. Alleinerzieherinnen – all das und noch mehr sind Themen des Buchs. Dabei liefert sie en passant – wie in ihren anderen Romanen auch – ein Sittenbild der englischen Gesellschaft; und das sieht nicht gerade erfreulich aus. Für uns non-natives eine gelungene Auseinandersetzuing mit der Gegenwart vor dem Hintergrund einer sogenannten Räuberpistole. Ich freue mich schon aufs nächste Buch.

pp. 391