Erfolgserlebnisse schaffen - Zaubern, ein Thema für den Unterricht?

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Wer sich fragt, wo Zaubern auf dem Stundenplan steht, wird vermutlich direkt an Hogwarts denken. Doch um Zauberei im Unterricht zu erleben, muss man nicht erst Harry Potter besuchen. Auch hierzulande wird das Thema im Unterricht immer beliebter.

(K)ein Wunder: Zauberei begeistert viele Kinder und so kann die Zauberei helfen, einen kreativen und spannenden Lernalltag für die Kinder zu gestalten. Wir haben mit dem Täuschungskünstler Matthias Kürten (Grundschullehrer und Zauberer) über das Thema gesprochen.


Matthias Kürten, Jahrgang 1977, studierte Grundschullehramt in Dortmund, Köln und Siegen und arbeitet seit 2007 als Grundschullehrer in Aachen. Schon während des Studiums wurde seine Leidenschaft für die Zauberei geweckt. In den Semesterferien gab er Zauberkurse für Kinder u. a. in der Bleiberger Fabrik in Aachen und für die Gemeinde Kelmis in Belgien. Er ist Mitglied in David Copperfields Project Magic e. V. und im Magischen Zirkel von Deutschland. Seit 2010 leitet er Fortbildungen zu den Themen „Zaubern im Unterricht“ und „Mathemagie“. In seiner Freizeit ist er leidenschaftlicher Zauberer mit den Schwerpunkten Kinderzauberei, Salonmagie und Tischzauberei.


SCHULE.AT: Herr Kürten, wie kommt man überhaupt darauf, im Unterricht zu zaubern?

Ich selbst war nie ein guter Schüler, weil ich eher faul war. Fächer wie Englisch und Mathematik haben mich weniger interessiert. Während meines Studiums (Lehramt Primarstufe) habe ich angefangen, mich für die Zauberei zu interessieren. Um die Zauberliteratur zu verstehen, musste ich auf einmal mein Englisch aufbessern und habe diese Fähigkeiten entsprechend trainiert, Gleiches gilt für Kunststücke, die auf mathematischen Prinzipien beruhen: Der Wunsch, die Kunststücke vorzuführen, brachte mich dazu, mich auch hier in die Thematik einzuarbeiten. Da dachte ich mir: Wenn das bei mir selbst dazu führt, mich in diesen fachlichen Bereichen zu verbessern, dann muss man das auch für den Unterricht mit Kindern nutzbar machen können.

Ist das nicht eher etwas für ein Zirkusprojekt oder Ähnliches?

Nein, das sehe ich nicht so. Das Wichtigste sind für Lehrkräfte oft die fachlichen Aspekte und da kann ich direkt sagen: Mit der Zauberei kann man zahlreiche lehrplanrelevante Themen transportieren. Viele Zauberkunststücke beruhen auf mathematischen Prinzipien, oder physikalische Gesetze werden kreativ angewendet. Das kann man nutzen. Weitere Themen aus den Bereichen Kunst und Deutsch sind eigentlich immer mit dabei. Gerade was man im Bereich Sprache mit der Zauberei lernt – vom Verfassen der Texte bis zur Vorführung – ist phänomenal.
Darüber hinaus – und das ist eigentlich der Aspekt, der mir persönlich am wichtigsten ist - fördert Zaubern enorm die Schlüsselqualifikationen: Es muss ausdauernd und angestrengt geübt werden, Teamarbeit und Perspektivwechsel sind erforderlich, Kreativität und Präsentationstechniken werden einstudiert und zu guter Letzt: Die Kinder haben Erfolgserlebnisse! Wer einmal erlebt hat, wie zum Beispiel die schüchterne Sina ein Kunststück zuerst für ihre Freundin Mareike und dann allein auf der Bühne präsentiert, weiß: Solche Erfahrungen brauchen alle Kinder.

Wie kann so eine Stunde aussehen?

Für eine „Zauberstunde“ gelten die gleichen Kriterien für guten Unterricht, wie dies auch in anderen Stunden der Fall ist: Methodische Wechsel, innere Differenzierung, eine Offenheit zum Beispiel bei der Wahl der Sozialform sind hier durchweg gegeben. Beispielhaft startet man mit einem Zauberkunststück, das den Kindern vorgeführt wird und diese so auf den Lerngegenstand aufmerksam macht. In der anschließenden Orientierung dürfen die Kinder Vermutungen anstellen und ihrer Kreativität freien Lauf lassen. Das Trickgeheimnis wird hier in der Regel präsentiert und anschließend werden die Kinder mit dem Arbeitsauftrag, das Kunststück einzustudieren, in die Arbeitsphase entlassen. Zum Abschluss der Stunde kann das Kunststück in der Reflexion unter Umständen schon vorgeführt werden oder es stehen Fragen im Vordergrund, wie zum Beispiel: „Wo habe ich Schwierigkeiten gehabt?“, „Worauf muss man besonders gut achten?“ usw.

Wo kann ich mich informieren?

Auf den Seiten des Magischen Ring Austrias findet man viele Anregungen und Ideen, Buchempfehlungen sowie Ansprechpartner*innen, wenn man das Zaubern erlernen möchte. Wer das Zaubern therapeutisch nutzen möchte, kann sich auch zum Beispiel an David Copperfields Project Magic wenden, die hierzu spezielle Empfehlungen haben. Für Menschen, die gerne Zaubern für den Unterricht nutzen möchten, habe ich gerade zusammen mit der Illustratorin Jenny Katzmann ein Buch geschrieben: Zaubern in der Grundschule (BVK Buch Verlag Kempen, ISBN: 978-3-96520-062-3). Hier werden neben den wichtigsten Regeln, der Planung von Unterrichtsstunden und Ideen zu Präsentation und Aufbau einer Zaubervorführung noch insgesamt 17 starke und schnell lernbare Kunststücke vorgestellt.

2 Kunststücke zum Gratis Download (PDF)

Haben Sie vielleicht noch zwei schöne Kunststücke für einen ersten Einstieg?

Ja gerne! Die beiden angehängten Kunststücke sind wirklich überzeugend. Das Farbenhellsehen täuscht selbst ausgewiesene Experten bei meinen Fortbildungen und es ist immer wieder spannend, wie Menschen hier nach einer Lösung rätseln und teilweise sehr kreative Ideen (z. B.: „Bestimmt wurden die Stifte mit Blindenschrift markiert…“) bezüglich des Trickgeheimnisses haben. Die riesengroße Blume habe ich viele Jahre unterschätzt und immer nur mal nebenbei gezeigt. Wenn man dieses Kunststück aber mit der ganzen Klasse auf der Bühne vorführt und auf einmal 30 tolle, bunt angemalte Blumen nach oben schießen, sieht das schlicht unglaublich aus.

Viel Spaß beim Einstudieren!

Gewinnspiel

In Kooperation mit dem Buch Verlag Kempen verlosen wir 20 Exemplare des Buches "Zaubern in der Grundschule"! 

Das Gewinnspiel ist beendet! Die GewinnerInnen wurden per e-Mail verständigt. Wir gratulieren recht herzlich und wünschen viel Spaß beim Ausprobieren der Zaubertricks!