SchülerInnen mit herausforderndem Verhalten

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"Guten Morgen, blöde Kuh", begrüßt der 11-jährige Ruben seine Lehrperson. Wie soll Unterricht bei einem solch provozierenden Verhalten gelingen? Christoph Eichhorn skizziert in diesem Beitrag, wie SchülerInnen mit herausforderndem Verhalten nachhaltig in der Schule integriert werden können.

Organisationen sind effizienter, wenn unter den Mitarbeitenden zentrale Aspekte geklärt sind wie zum Beispiel: was sind unsere Ziele, wie erreichen wir sie, wie erkennen wir, ob wir unsere Ziele erreicht haben usw. (Doppler, Lauterburg, 2019). Das ist im Kontext Schule allerdings nur schwer zu erreichen (Buhren, Kempfert, 2006). Dann besteht latent die Gefahr von Teamspaltung und zwar vor allem, wenn es um Themen geht, die die Mitarbeitenden emotional bewegen (Gairing, Haubrock, 2017).
Das ist besonders dann der Fall, wenn das Verhalten von SchülerInnen als sehr provozierend erlebt wird.

Wie dennoch SchülerInnen mit herausforderndem Verhalten integriert werden können, erklärt Dr. Christoph Eichhorn.


Gastbeitrag

Christoph Eichhorn ist Autor zum Thema Classroom-Management. Er arbeitet als Lehrbeauftragter an Universitäten und Pädagogischen Hochschulen in Deutschland, Österreich und der Schweiz und gibt Workshops und hält Vorträge zu Classroom-Management.
www.classroom-management.ch

Sein aktuelles Buch:
Classroom-Management Basiswissen Kompakt Stören (2. Auflage)
- Die wirksamste Störungsprävention
- Interventionsleitlinien bei kleinen Störungen
- Interventionsleitlinien bei großen Störungen


Fallbeispiele

Fallbeispiel 1: Der 11-jährige Ruben begrüßte am Morgen seine Lehrperson mit "guten Morgen, blöde Kuh". Noch in der gleichen Unterrichtsstunde weigerte er sich, einen Arbeitsauftrag zu bearbeiten. Er rief laut in die Klasse, "das mach ich nicht". Seine Lehrperson sah dadurch ihre Autorität in der Klasse bedroht.

Fallbeispiel 2: Die 8-jährige Marianne schaukelt schon einige Zeit mit ihrem Stuhl. Da sagt ihre Lehrerin, Frau Huber (Name geändert) "hör bitte mit dem Schaukeln auf". Eigentlich eine angemessene Intervention (Eichhorn, 2018A; Helmke, 2015). Aber Marianne antwortete, "sagen Sie doch dem Stuhl, er soll mit dem Schaukeln aufhören." Jetzt war Frau Huber richtig empört. So ging es auch mir, als mir Frau Huber während meiner Arbeit beim Schulpsychologischen Dienst Graubünden von dem Vorfall berichtete.

Konflikte dehnen sich aus

Schon lange ist bekannt, dass Menschen dazu neigen, anderen mitzuteilen, was sie emotional sehr bewegt (z.B., Traue, 1999). Zum Beispiel, wenn man sich über jemanden geärgert hat, aber auch, wenn man etwas besonders Schönes erlebt hat, möchten wir es anderen mitteilen – nicht selten mehr als 10 anderen (Traue, 1999).
So auch in unseren Fallbeispielen. Noch emotional sehr aufgebracht erreichen die Lehrpersonen von Ruben und Marianne in der großen Pause die Lehrerzimmer ihrer Schule. Was dort geschieht, erklärt uns die Emotionsforschung (Berscheid, Regan, 2016):

  • Die beiden Lehrpersonen berichten ihren KollegInnen, die ebenfalls diese SchülerInnen unterrichten, aufgebracht von dem Vorfall. Ihre Verärgerung steckt einige ihrer KollegInnen an. Durch den Mechanismus der emotionalen Ansteckung weitet sich der Konflikt aus – andere Personen werden mit hineingezogen. Auch sie finden das Verhalten der SchülerInnen sehr unangemessen und provozierend.
  • Starke, negativ erlebte Emotionen engen das Denken der Beteiligten ein. Schon in den letzten Wochen haben sich Frau Huber und Ruben's Lehrkräfte sehr geärgert. Schon da haben sich beide innerlich bereits darauf festgelegt, dass jetzt nur noch Sanktionen eine Verbesserung im Verhalten der beiden SchülerInnen herbeiführen könnten. Jetzt wird für sie immer klarer, dass es so nicht weitergehen kann. Sie sind jetzt fest davon überzeugt, dass nur noch eins hilft, nämlich endlich richtige Sanktionen zu geben. Das ist keine Überraschung – lesen wir doch in der Literatur seit Jahren immer wieder davon, wie wichtig Sanktionen seien (z. B., Ophardt, Thiel, 2013).

Die Freund-Feind-Zuspitzung

Wir haben gesehen, dass sich beide Lehrpersonen hinsichtlich der Lösung der Probleme immer stärker auf einen Weg, hier Sanktionen, festgelegt haben. Jetzt erwarten sie von ihren KollegInnen, dass diese die Situation genau wie sie einschätzen – also auch für Sanktionen plädieren. Oder anders gesagt erwarten sie von ihren KollegInnen vor allem eins, nämlich, dass sie ihnen zustimmen. Aber was, wenn ein Kollege nicht zustimmt und für eine ganz andere Lösung plädiert? Dann kann der sogar zum Feind oder Gegner werden - eine bei Konflikten häufig auftretende Dynamik (Glasl, 2013). Die sieht vereinfacht gesagt so aus: Wenn du mir zustimmst, bist du mein Freund – wenn nicht, mein Feind (Kahn, 1965).

Was ist, wenn tatsächlich einige Lehrpersonen eine ganz andere Vorstellung haben, wie dem herausfordernden Verhalten begegnet werden kann?

Dr. Eichhorn zeigt auf, was oft ungewollt falsch gemacht wird und wie auch präventiv gehandelt werden kann, um eine derartige Konfliktdynamik erst gar nicht entstehen zu lassen.

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