"Gute Schule" im Alltag: Diskussionsrunde zu Chancen, Grenzen und Reformen
Ein Film als Spiegel: Realität ungeschönt
Die Diskussion begann mit Ausschnitten aus der Dokumentation “Favoriten”, die den Alltag an Österreichs größter Volksschule über mehrere Jahre begleitet. Die Szenen zeigen etwa, wie sich Kinder mit Kleidung schützen oder mit Körperbildern ringen, wie Regeln in einem multikulturellen Umfeld ausgehandelt werden – und wie viel emotionale, sprachliche und soziale Arbeit Lehrpersonen dabei leisten. Für viele im Publikum waren die Bilder verstörend und bewegend zugleich.
Ilkay Idiskut: “Ich darf entscheiden, ob ich kämpfe – und ich kämpfe”
Idiskut schildert eindrucksvoll die Realität im Klassenzimmer. Es geht nicht nur um Fachinhalte, sondern um Bindung, Respekt und Vertrauen. Sie betont, wie wichtig Beziehungsarbeit ist – und wie wenig strukturelle Unterstützung Lehrpersonen oft erhalten. Ihre Aussagen machen deutlich: “Gute Schule” gelingt nicht durch persönlichen Einsatz allein, sondern braucht Rückhalt aus Politik und Gesellschaft.
Heidemaria Schrodt: Leitung zwischen Ideal und Systemgrenze
Aus Perspektive der Schulleitung beschreibt Schrodt, wie stark Kollegien und Führungskräfte durch starre Vorgaben und fehlende Ressourcen belastet sind. Sie plädiert für mehr Handlungsspielraum und eine nachhaltige Schulentwicklung, die nicht von Zufall oder Einzelengagement abhängt.
Systemischer Wandel statt Einzelkampf
Beide Diskutantinnen fordern strukturelle Veränderungen: mehr Unterstützung für Schulen in benachteiligten Lagen, multiprofessionelle Teams und mehr Zeit für pädagogische Arbeit. Die Diskussionsrunde zeigte klar, dass Engagement allein nicht reicht, wenn grundlegende Rahmenbedingungen fehlen.
Sprache, Vertrauen und Beziehung als Fundament
Ein zentrales Thema der Diskussion war die Rolle von Sprache als Schlüssel zur Teilhabe. Ilkay Idiskut betonte, dass Bildung erst dort beginne, wo Kinder sich verstanden fühlen – sprachlich wie emotional. Gerade in Schulen mit hoher Diversität seien Vertrauen, klare Kommunikation und stabile Beziehungen die Basis für jedes Lernen. Diese Voraussetzungen zu schaffen, sei Aufgabe des gesamten Systems, nicht nur einzelner engagierter Personen.
“Gute Schule” braucht Struktur – und Haltung
Der Austausch zwischen Praxis und Leitung machte deutlich: Schulen können gesellschaftlichen Herausforderungen nicht allein begegnen. Was gebraucht wird, sind politische Entscheidungen, die Bildungseinrichtungen strukturell stärken – damit pädagogische Qualität nicht vom Zufall abhängt, sondern verlässlich möglich wird.
Der Film “Favoriten” ist mittlerweile auf DVD im Hoanzl-Shop erhältlich.
Einen Vortrag zum Thema “faire Ressourcenverteilung” von Johann Bacher, der ebenfalls bei der Veranstaltung aufgezeichnet wurde, finden Sie hier!