Der Finger im Buch

Autor SCHNEIDER, Johann Ulrich

Verlag Bern/Wien: Piet Meyer Verlag 2020

Eigentlich passt das Buch ja nicht ganz in diese Rezensions-Reihe, aber für Leser/innen ist es allemal interessant. Ich liebe ja diese Idee des fast Ephemeren; fast, weil man am Anfang meint:

Was für ein Randthema; aber bei genauer Beschäftigung zeigt sich, dass unzählige Dokumente zum Thema existieren. Das ist z. B. wie beim Buch „Das Klo im Kino“. Nach der Lektüre sieht man in zahlreichen Filmen (zahlreiche) Klo-Szenen.

Hier ist es der Finger im Buch. Zu 30 Gemälden (auch zwei Photographien) erzählt Schneider umfassende Geschichten, einerseits kunsthistorisch fundiert, anderseits die Geschichte des Lesens miteinbeziehend. Dabei zeigt sich, dass Lesen, wie schon Barthes sagt, ein ganzkörperlicher Vorgang ist. Der Finger ist sowohl beim konsekutiven Lesen (etwa als Zeichen der Reflexion) als auch beim konsultativen Lesen (wissenschaftliches Nachschlagen etwa) wichtig. Schade, dass es keine Mischung zu sehen gibt, etwa wenn wir mit einem unterbrechen, den anderen bei den Fußnoten haben.

Nicht immer kann man Schneiders Reflexionen ganz nachvollziehen, aber das macht ja den Reiz aus. Und wenn die lesende (nicht an der Spindel sitzende) Muttergottes dargestellt wird, darf ja wohl die Frage erlaubt sein, ob eine Zimmermannsfrau damals überhaupt lesen konnte. Auch Maria als Kind (mit Finger im Buch) präsentiert sich in einem Gemälde aus dem 16. Jahrhundert als dickes Kind mit dickem Buch. Ob das Licht fürs Lesen reichte, sei dahingestellt.

Sie sehen – viele spannende Erkundungen. Wie das mit dem E-Reader sein wird, bleibt offen. Ist da der Finger im Buch die markierte Stelle? Oder stirbt diese Art des vorwiegend kontemplativen Lesens doch aus?

pp. 177

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
01.06.2020
Link
https://rezensionen.schule.at/portale/rezensionen/newsletter-fuer-englisch/detail/der-finger-im-buch.html
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