Bestehende Wege reichen nicht

Der aktuelle Personalmangel stellt die Kindergärten vor eine "Herkulesaufgabe", sagt Elementarpädagogik-Expertin Catherine Walter-Laager von der Universität Graz. Deshalb das Tempo beim Ausbau zu drosseln, wäre aus ihrer Sicht allerdings nicht die Lösung. Sie fordert stattdessen innovative neue Schienen, um mehr Menschen für das Berufsfeld zu gewinnen und dann neben der Arbeit im Kindergarten auszubilden.

Kindergartenkinder beim Spielen

Derzeit nicht genügend Ausbildungswege

Derzeit werden Kindergartenpädagoginnen und -pädagogen an den Bundesbildungsanstalten für Elementarpädagogik (Bafep) ausgebildet, entweder an den Langformen mit Maturaabschluss oder den Kollegs für Erwachsene. Seit vergangenem Herbst gibt es zusätzlich eine einjährige Quereinsteiger-Ausbildung an den Pädagogischen Hochschulen (PH). "Die bestehenden Wege reichen im Moment aber einfach nicht aus, um genügend Personal zu rekrutieren und zu professionalisieren", betont Expertin Walter-Laager.

Möglichkeiten zum Quereinstieg

Es brauche deshalb weitere professionelle Möglichkeiten zum Quereinstieg - und zwar ohne Sackgassen. Eine Möglichkeit wären Ausbildungsmodule, durch die man sich immer weiterbilden kann - und zwar bis zur gruppenführenden Pädagogin. "So kann man vielleicht schneller über zwei Wegen genügend ausgebildetes Personal generieren." 

Uni Graz als Validisierungsstelle

Geht es nach der aus der Schweiz stammenden Professorin, könnte an der Uni Graz, die im Bereich Elementarpädagogik viele Entwicklungs- und Forschungsprojekte betreibe, eine Art Validierungsstelle eingerichtet werden. Durch Verfahren wie Tests oder Selbsteinschätzung könne man erheben, welche Fähigkeiten die Interessenten bereits mitbringen und welche Ausbildungseinheiten für eine bestimmte Qualifikation noch nötig wären. Die Quereinsteiger würden in diesem Modell gleich im Kindergarten zu arbeiten beginnen und daneben ganz flexibel, mit einer Mischung aus synchronen Lerneinheiten und Selbststudium, schrittweise lernen, wie man die Arbeit in Krippe und Kindergarten am besten strukturiert, plant und durchführt.

Angebot wäre bereits vorhanden

An der Uni Graz gibt es derartige Angebote schon, erzählt Walter-Laager. Durch den etwa in Deutschland noch einmal größeren Personalmangel habe die Hochschule schon fünf Jahre Erfahrung mit einer solchen Mischung aus Ausbildungs- und Weiterbildungselementen.

Hohe Anforderungen

Beim zuletzt vom Bildungsministerium gestarteten einjährigen Angebot für Quereinsteiger findet Walter-Laager die Anforderungen noch recht hoch, immerhin muss man dafür bereits einen Bachelor mitbringen. Es sei allerdings ein wichtiger erster Schritt. Und sie lobt, dass die Ausbildung keine Sackgasse ist und Absolventen im Anschluss das ab Herbst startende Masterstudium an der Uni Graz belegen können. "Man muss immer gucken, dass das gut in ein Gesamtsystem eingebettet wird."

Geldspritze erforderlich

Notwendig wäre eine Geldspritze aus Walter-Laagers Sicht allemal. Immerhin habe sich gerade durch die Coronapandemie, in der die Kindergärten vorübergehend geschlossen waren, gezeigt, welchen Wert diese Bildungseinrichtung für die Kindern habe und dass für Familien mit zwei berufstätigen Eltern der Alltag ohne Kindergärten kaum zu bewältigen sei.

Mit mehr Geld für die Kindergärten könnte man dem Personal nicht nur mehr gesellschaftliche Wertschätzung zeigen, es würde auch bei der Bindung an den Arbeitsplatz helfen. Je mehr Personen im Arbeitsfeld bleiben, umso besser für die Gesamtsituation. Erst dann gäbe es laut Walter-Laager wieder Spielräume und es ließe sich etwa der vor allem bei den älteren Kindern in den Kindergärten in manchen Bundesländern sehr herausfordernde Betreuungsschlüssel verbessern. "Da geht es allerdings um so viel Geld, dass das politisch nur schrittweise machbar ist."


Die zuletzt beschlossene 15a-Vereinbarung, mit der die Länder pro Jahr künftig 200 Mio. Euro im Jahr für Pflichtkindergartenjahr, Sprachförderung und Ausbau bekommen, sei zwar "ein kleines Zeichen". Dieses Geld werde aber angesichts der Herausforderungen nicht reichen, um die Elementarpädagogik "richtig gut aufzustellen".