Kein rechtlicher Anspruch auf digitale Kommunikationsmittel für Menschen mit Behinderung

In Österreich leben etwa 63.000 Personen, die in ihrer Lautsprache eingeschränkt sind. Um zu kommunizieren, brauchen sie Hilfsmittel, die passgenau auf sie zugeschnitten sind. Oft gleicht es aber einem Spießrutenlauf, um Unterstützung und finanzielle Hilfen zu erhalten. Denn es gibt darauf keinen Rechtsanspruch. 

Katharina (12) erobert mit der Augensteuerung die Welt

Die 12jährige Katharina Panholzer nutzt seit dem Kindergarten eine sogenannte Augensteuerung für den PC sowie ein Sprachausgabeprogramm. Damit hat die 12-Jährige nicht nur das Sprechen sowie Lesen, Schreiben und Rechnen erlernt; mit der Augensteuerung kann sie ihren Interessen nachgehen.
„Wenn mich irgendetwas besonders interessiert, dann schaue ich, ob ich dazu im Internet was finde. Ich interessiere mich sehr für Pferde. Einmal in der Woche gehe ich reiten. Mit dem Tablet kann ich auch ganz allein Musik hören, Videos schauen und Bücher über die Kindle App lesen – sonst müsste mir immer jemand das Buch halten und umblättern. Und Whatsapp auf meinem Handy nutzen.“, erzählt Katharina Panholzer bei einer Pressekonferenz mit Hilfe ihrer Computerstimme.

Eigene Stimme schon immer gehört

„Als ich einmal zu Katharina sagte, dass sie eigentlich erst ab der dritten Volksschule – als sie sehr gut Lesen und Schreiben konnte – so richtig sprechen gelernt hat, meinte sie: Aber das konnte ich schon vorher. Ich höre meine Stimme schon immer. In meinem Kopf!“, erzählt Nina Panholzer, die ihre Tochter nach Wien begleitet hat. „So fühlt sich das für Menschen ohne Lautsprache an, die ohne technische Hilfsmittel kaum Möglichkeiten zur Kommunikation und Teilhabe haben. Unvorstellbar eigentlich.“

Gute Versorgung mit Unterstützter Kommunikation ist unerlässlich

„Anlässlich des Tags der Menschen mit Behinderungen machen wir einmal mehr darauf aufmerksam, welchen Unterschied das richtige Hilfsmittel im Leben einer Person mit Behinderungen machen kann. Gerade Beispiele wie Kathi zeigen uns, welche Möglichkeiten assistierende Technologien bieten und warum eine gute Versorgung mit Hilfsmitteln unerlässlich ist", so Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser. „Denn Technik macht gerade für Menschen mit Einschränkungen der Lautsprache ein selbstbestimmtes Leben möglich."

Behörden-Dschungel muss abgebaut werden

„Der Weg zum passenden Hilfsmittel ist in Österreich kompliziert, unübersichtlich und langwierig", kritisiert die Diakonie-Direktorin. Bei der Antragsstellung seien viele Stellen auf Landes- und Bundesebene beteiligt. Für die Betroffenen dränge allerdings oft die Zeit, zum Beispiel bei Krankheiten mit fortschreitenden Symptomen. „Kinder brauchen die Hilfsmittel, um sprechen zu lernen, auch hier ist der Zeitfaktor essentiell. Jeder Tag, den sie warten müssen, ist einer zu viel", sagt auch Ingun Metelko, Unternehmenssprecherin der VERBUND AG. „Langzeitziel des VERBUND-Empowerment Fund der Diakonie ist die Etablierung eines Rechtsanspruchs auf die Finanzierung assistierender Technologien für Menschen mit Behinderungen“.

Spenden stopfen Versorgungslücke

Die Versorgungslücke, die der Sozialstaat hier offenlässt, muss derzeit mithilfe von Spenden geschlossen werden. So unterstützt der VERBUND-Empowerment Fund der Diakonie seit 2009 die individuelle Beratung von rund 6.000 Menschen mit Behinderungen zu Möglichkeiten Unterstützter Kommunikation und Assistierender Technologien. Die Diakonie schätzt, dass rund fünf Millionen Euro für die Anschaffung der Geräte reichen würden. Geschätzt wird anhand Zahlen aus Deutschland, in Österreich gibt es dazu nicht einmal eine verlässliche Datenlage.