Kinder aus benachteiligten Familien profitieren besonders, zeigt IHS-Studie

Chancenindex als Messinstrument
Grundlage der Untersuchung ist der von der Arbeiterkammer entwickelte Chancenindex, der unter anderem den Bildungsstand der Eltern und die in der Familie gesprochene Sprache berücksichtigt. Er reicht von niedrigen Werten, die eine günstige soziale Zusammensetzung anzeigen, bis zu hohen Werten, die einen großen Anteil an Lernenden mit Förderbedarf bedeuten. Das IHS hat anhand von Registerdaten die Bildungswege von Jugendlichen nach ihrer besuchten Schule und deren Chancenindex ausgewertet.
Index soll in Bildungspolitik einfließen
Die Ergebnisse der Studie sind auch deshalb aktuell brisant, weil die Bundesregierung plant, den Chancenindex künftig als Grundlage für einen sogenannten Chancenbonus zu verwenden. Schulen mit vielen Lernenden aus benachteiligten Familien würden dadurch mehr Fördermittel erhalten. Vertreterinnen und Vertreter von Elternvereinen befürchten jedoch, dass eine stärkere Berücksichtigung der sozialen Zusammensetzung auch zu einer indirekten Steuerung der Schulwahl führen könnte. Sie warnen vor einer Zuteilung von oben, die aus ihrer Sicht auch leistungsstarke oder privilegierte Kinder benachteiligen könnte.
Ergebnisse für benachteiligte Kinder
Je günstiger die soziale Zusammensetzung einer Schule, desto höher sind die Chancen auf einen positiven Abschluss und den Erwerb der Matura. Besonders deutlich ist der Effekt bei Kindern aus bildungsfernen oder sozial benachteiligten Familien. An Schulen mit niedrigem Chancenindex erreichen sie im Durchschnitt rund 53 Prozent eine Matura, an Schulen mit hohem Chancenindex nur etwa 30 Prozent. Gleichzeitig sinkt das Risiko, die Schule ohne Abschluss zu verlassen, von rund 17 Prozent auf etwa 8 Prozent.
Auswirkungen auf privilegierte Lernende
Die Analyse zeigt auch: An Standorten mit hohem Chancenindex, also mit vielen Mitschülerinnen und Mitschülern mit zusätzlichem Unterstützungsbedarf, sind die Bildungsergebnisse im Durchschnitt für alle etwas schwächer, auch für jene aus Akademikerhaushalten oder mit guten Startbedingungen. Bei privilegierten Lernenden sinkt die Matura-Quote in einer ungünstigen sozialen Zusammensetzung nur leicht, von etwa 84 Prozent auf etwa 80 Prozent. Das Abbruchrisiko steigt dabei lediglich von rund 2 Prozent auf etwa 3 Prozent. Damit ist der negative Effekt zwar messbar, aber deutlich geringer als bei benachteiligten Kindern.
Eltern kritisieren eventuelle Zuteilungen an Schulen
Die IHS-Daten bestätigen zwar, dass es bei privilegierten Lernenden in sozial benachteiligten Schulumfeldern einen leichten Rückgang der Bildungsergebnisse gibt. Im Verhältnis zu den deutlichen Gewinnen bei benachteiligten Kindern fällt dieser Effekt jedoch klein aus. Während privilegierte Lernende auch unter ungünstigen Bedingungen noch hohe Erfolgsquoten erreichen, profitieren benachteiligte Kinder stark von einer besseren Durchmischung – sowohl bei den Matura-Chancen als auch beim Risiko eines vorzeitigen Schulabbruchs.
Durchmischung durch attraktive Maßnahmen fördern
Soziale Durchmischung kann maßgeblich dazu beitragen, Bildungsungleichheiten zu verringern. Während benachteiligte Kinder stark profitieren, bleibt der Effekt auf privilegierte Lernende moderat. Die Forschenden sehen darin ein Argument, Durchmischung aktiv zu fördern, nicht durch pauschale Zwangszuteilungen, sondern durch gezielte Maßnahmen, die Standorte attraktiver und durchlässiger machen.