Matura nicht unbedingte Uni-Zutrittskarte

Die Universitäten würden es bevorzugen, wenn bei der Aufnahme "die Studierfähigkeit in den Vordergrund gerückt würde und nicht die Matura als unbedingte Zutrittskarte zu nehmen". "Es ist ein Treppenwitz, dass man in Österreich sehr viel darf, aber nur mit Matura", so der Vizepräsident der Universitätenkonferenz, Oliver Vitouch, vor Journalisten. Die Hochschulen sollten als aufnehmende Institutionen daher ihre eigenen Aufnahmeverfahren machen dürfen.

Derzeitiges System schließe viele aus

Das derzeitige System schließe jene weitgehend aus, die in ihrer Schullaufbahn "früh falsch abgebogen sind", meinte der Rektor der Universität Klagenfurt bei der Präsentation einer Studie zur Prüfungsinaktivität vieler Studierender. Umgekehrt hätte in den meisten Studien jeder Maturant unabhängig von seiner Studierfähigkeit einen Platz.

Mindeststudienleistung "zumindest etwas"

Die Einführung einer Mindeststudienleistung für Studienanfänger ab dem gerade begonnen Studienjahr sei "zumindest etwas". Diese Regelung sei aber "homöopathisch verwässert" worden. Die Anfänger müssen in den ersten beiden Studienjahren gerade einmal 16 ECTS-Punkte absolvieren. Zum Vergleich: Ein Bachelor-Studium umfasst 180 ECTS-Punkte und hat eine Regelstudienzeit von drei Jahren - bei einer Studienleistung von 16 ECTS alle zwei Jahre würde die Absolvierung in diesem Tempo also 22,5 Jahre dauern.

„Sympathische Haltung“ führt nicht zu zügigem Studium

"Das österreichische Studienrecht hat seit den 70er Jahren eine sehr sympathische Tradition des alles Ermöglichen und alles Erlauben", meinte Vitouch. Damals habe man die Unis öffnen und den Zugang verbreitern wollen. "Diese extrem sympathische Grundhaltung führte nicht unbedingt zum zügigen Studieren und erfolgreichen Abschlüssen."

Zwickmühle für Unis

Die Unis, deren Finanzierung auch von der Zahl der prüfungsaktiven Studierenden abhängt, seien in einer Zwickmühle: "Wir haben den Auftrag, in den Rankings unter die Top 100 zu kommen und mit Harvard mitzuhalten und gleichzeitig den Auftrag, den kleinen Bildungshunger zu stillen und viel zuzulassen." Letzteres wiederum sei mit dem Hochleistungsanspruch nicht vereinbar. Ganz anders werde dies interessanterweise an den Musikunis gesehen: "Niemand geht auf eine Musikuni, um sein Gitarrespiel oder Blockflötenspiel ein bisserl zu verbessern." Dort herrsche der Hochleistungsgedanke vor.

Dreiteilige Strategie

Die Erhöhung der Prüfungsaktivität könne von drei Seiten angegangen werden, meinte Vitouch: Einerseits könne der Gesetzgeber eine Art "Nudging" betreiben - so sei in jenen Fächern mit Aufnahmeverfahren wie Medizin, Psychologie oder den Kunststudien die Prüfungsaktivität am höchsten.

Außerdem könne man bei der Studierbarkeit ansetzen - das bedeute etwa Maßnahmen wie keine Überschneidungen von Lehrveranstaltungen, keine Schikanen bei Prüfungen, aber auch Tutoring und Mentoring für Studierende sowie gute Betreuungsrelationen, so Vitouch. Problem: Die meisten dieser Maßnahmen seien ressourcenintensiv.

Schließlich könne man auch beim Studierenden ansetzen. Problem: "Wer drei Studien inskribiert, aber bei zwei davon kaum erscheint, der ist in diesen beiden schwer zu motivieren." In vielen Fällen seien diese Personen für die Uni kaum erreichbar. Diese Verhaltensaspekte seien aber nicht unabhängig von der Gesetzeslage oder dem, was die Unis tun. Generell sind die Mehrfachinskriptionen aber in den vergangenen Jahren stark zurückgegangen. Vor etwas mehr als zehn Jahren kamen auf einen Studierenden im Schnitt noch 1,5 Studien, mittlerweile sind es nur mehr rund 1,1.