Reden wir MITEINANDER - nicht übereinander

Kind-Erziehungsberechtigte-Lehrende-Gespräche in der Volksschule (KEL)

Der im Schulgesetz geforderte Anspruch nach individueller Förderung aller Schüler und Schülerinnen ist nur dann zu erfüllen, wenn alle im Lernumfeld Beteiligten miteinander kommunizieren. Transparenz darüber, was gut läuft, aber auch, was besser laufen könnte, ist dazu eine wesentliche Voraussetzung. Die gute Zusammenarbeit zwischen den Schulpartnerinnen und Schulpartnern, stellt daher eine grundlegende Voraussetzung für den Bildungserfolg dar und macht einen regelmäßigen Dialog erforderlich.

Kind spricht mit Lehrerin

Die Rechthaberei zerstört die Kommunikation, die Lüge behindert die Denk- und Erkenntnisfähigkeit. Verständnis und Liebe helfen und bauen auf.

Ulrich Rose

Was sind KEL-Gespräche

Seit dem Schuljahr 2016/17 müssen ergänzend zu den Schulnachrichten nach § 19 zusätzlich zwei Sprechtage und regelmäßige KEL-Gespräche stattfinden. In den Schulforumsbestimmungen § 63a steht, dass „Termine und Art der Durchführung von Elternsprechtagen“ zu beraten sind. Daher dürfen Elternsprechtage auch in Form von KEL-Gesprächen stattfinden.

Haltet daran fest, dass wie man denkt, was man denkt, was man sagt und wie man in der wechselseitigen Kommunikation Ideen verbreitet, einen Unterschied ausmacht im Gang der Dinge.

Hans Jonas

Das KEL-Gespräch ist ein Dialog auf Augenhöhe und eine Standortbestimmung über die aktuelle Lernsituation des Kindes. Der gleiche Informationsstand aller am Gespräch Beteiligten, sowie die gegenseitige Akzeptanz und Wertschätzung sind dabei unverzichtbar. Beim Austausch persönlicher Einschätzungen und Sichtweisen wird über Lernfortschritte und Unterrichtsverhalten gesprochen, sowie darüber, wo konkrete Förderung und Unterstützung ansetzen können.

Wo führt es hin, wie wirkt es sich aus?

Das KEL-Gespräch bringt Änderungen in der Rückmelde- und Beziehungskultur mit sich. Die positive Auswirkung von KEL-Gesprächen auf das Beziehungsdreieck L-S-E eröffnet eine neue Qualitätsdimension für die Schulpartnerschaft und die Unterrichtsarbeit. Diese Wirkung ist von besonderem pädagogischen Interesse. Im Rahmen der KEL-Gespräche wird an die Lehrperson der Anspruch gestellt, ihre Beobachtung im Zusammenhang mit dem Lernen des Kindes zu beschreiben. In der Art und Weise ihrer Ausführungen fungiert sie als Vorbild für die anderen am Gespräch beteiligten Erwachsenen.

Lehrpersonen tragen auch Prozessverantwortung und steuern das Gespräch, damit alle sich beteiligen können und die Stärken der Schülerinnen und Schüler und nicht die Noten im Vordergrund stehen. Die Teilnahme am KEL-Gespräch ist für Schülerinnen und Schüler verpflichtend. Ein KEL-Gespräch ersetzt in keinem Fall ein Frühwarngespräch.

Zu viele Menschen machen sich nicht klar, dass wirkliche Kommunikation eine wechselseitige Sache ist.

Lee Iacocca

Ablauf

Das KEL-Gespräch ist ein gesteuertes Gespräch der Schülerinnen und Schüler, das mit der Selbstpräsentation der Schülerinnen und Schüler beginnt. Die Selbstpräsentation beinhaltet neben einem Rückblick auf das, was er/sie fachlich und persönlich dazugelernt hat, auch was besonders gut  gelungen ist, was entdeckt und verstanden wurde. Weiter werden vom Kind besondere Vorhaben oder Ziele für die nächste Zukunft formuliert. Die Erwachsenen sind aufmerksame Zuhörer*innen und schildern anschließend, welche Wirkung die Selbstpräsentation des Kindes auf sie hat. In der letzten Phase des Gesprächs treffen die Beteiligten gemeinsam eine schriftliche Vereinbarung hinsichtlich des besonderen Vorhabens bzw. Zieles des Schülers/der Schülerin.

Dialog ist die höchste Form der Kommunikation.

August Everding

Prozessdarstellung - Rahmen für ein gelingendes KEL-Gespräch

Ein KEL-Gespräch dauert ungefähr 20 Minuten und läuft folgendermaßen ab:

Vorzüge eines KEL-Gesprächs

  • Laut Hattie (2013) bestimmt niemand das Lernen mehr, als der Lernende selbst.
  • Das Kind wird ganzheitlich wahrgenommen
  • Feedback aller Beteiligten aus dem Lernumfeld des Kindes
  • Vertrauensbildung – Verbesserung des gegenseitigen Verständnisses
  • Erfolgssteigerung durch Fokus auf Gekonntes und Verstandenes
  • Motivationssteigerung und erhöhtes Selbstvertrauen
  • Steigerung der Eigenverantwortlichkeit der Schüler*innen bei der Umsetzung vereinbarter Maßnahmen
  • Formulierung konkreter Fördermaßnahmen und Unterstützungsangebote in einer Zielvereinbarung

Aufgabe der Schule ist es das Gelingen zu organisieren, nicht das Misslingen zu dokumentieren.

Otto Herz

PRAXISTIPPS

  • KEL-Gespräche sind ein wertvoller Beitrag der lernförderlichen Rückmeldung. Begeistern Sie durch SCHILFS oder in Konferenzen Ihr LehrerInnenteam und sorgen Sie für die Möglichkeit eines regelmäßigen Austausches darüber.
  • Geben Sie Zeit und Raum für die Planung und Durchführung der KEL-Gespräche …
    • für die Vorbereitung der Schülerinnen und Schülern auf das KEL-Gesprächs in Form von „Stolzmappen“, Vorbereitungsbögen, Kompetenzdiagrammen, Feedback-Sternen oder anderen Darstellungsformen
    • für den Faktor Zeit – Schenken wir den Schülerinnen und Schülern genügend Zeit, Antworten in sich zu finden. Zu viel an Vorgegebenem verhindert oft wesentliche Lerneffekte bei den Kindern.
    • für Fragen, die die Schülerinnen und Schüler zum Reflektieren anregen: Warum ist es dir an diesem Tag so gut gelungen? Was hat dir geholfen, dass du das heute so gut konntest? Was brauchst du von mir, um in dieser Sache weiterzukommen?
  • Fördern Sie eine positive Gesprächs- und Beziehungskultur an Ihrer Schule und seien Sie Vorbild. Mit dieser Grundhaltung Ihrer Lehrenden gelingen KEL-Gespräche in wertschätzender und achtsamer Form.

Dieser Beitrag von OSR Susanne M. Kappl, Leiterin der Volksschule im Farbengarten Allhartsberg (NÖ), Mitarbeiterin im NCOC für Lernende Schulen und Lehrende an der PHOÖ Linz erschien am 22. März 2022 in 5 Minuten für..., dem Newsletter für mutige Schulentwicklung der PH Niederösterreich.