Studie zeigt Belastung von Lehramtsstudierenden an Schulen auf
Zu frühes und zu viel Unterrichten belastet Lehramtsstudierende
Die Lehrendenausbildung besteht derzeit aus vier Jahren Bachelorstudium und bei Volksschullehrern aus einem, bei Lehrende der Sekundarstufe (Mittelschule, AHS, BMHS) aus zwei Jahren Masterstudium. Dazu kommt nach Dienstantritt noch eine zwölfmonatige Induktionsphase, bei der man von erfahrenen Kolleginnen und Kollegen in die Berufspraxis eingeführt wird.
Junglehrende oft viel zu früh voll eingesetzt
In der Praxis werden Junglehrerinnen und -lehrer wegen des Personalmangels allerdings zu einem guten Teil schon während der Ausbildung wie voll ausgebildete Pädagoginnen und Pädagogen eingesetzt. Das zeigt eine nicht repräsentative, aber "sehr umfangreiche" Studie, für die ein Team um Nele Kampa vom Zentrum für Lehrer*innenbildung der Universität Wien 1.635 Lehramtsstudierende aus ganz Österreich befragt hat. Demnach unterrichten 58 Prozent der Masterstudierenden und immerhin ein Viertel der Bachelorstudierenden - und damit "nicht adäquat ausgebildete Personen" - bereits neben dem Studium. Zum Einsatz kommen sie vor allem an Volks- und Mittelschulen, hieß es am Dienstag seitens der Uni Wien.
Zu viele Wochenstunden
Im Mittel sind diese Lehramtsstudierenden 16 Unterrichtsstunden pro Woche im Einsatz, mit Vor- und Nachbereitungsaufgaben arbeiten sie 33 Wochenstunden für die Schule. Für Schulpädagogik-Professorin Kampa ist das zu viel. Im Gespräch mit der APA verweist sie etwa auf die Empfehlungen der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission der Kultusministerkonferenz in Deutschland, ausschließlich Masterstudierende und auch diese nicht für mehr als zehn Unterrichtsstunden an den Schulen einzusetzen.
Junglehrer unterrichten zu oft und oft fachfremd
Auch inhaltlich werden die Früheinsteigerinnen und -einsteiger an den Schulen herausgefordert: Laut Studie haben sie teils mehr als drei Fächer zu unterrichten. In einigen Unterrichtsgegenständen (Turnen, Deutsch als Zweitsprache, Informatik, Technisches Werken oder Kunsterziehung) ist dabei weit mehr als die Hälfte der Studierenden fachfremd im Einsatz und unterrichtet damit ohne entsprechende Ausbildung. Außerdem werden laut Kampa knapp 19 Prozent der Bachelorstudierenden und rund 30 Prozent der Masterstudierenden bereits als Klassenlehrkraft oder Klassenvorstand eingesetzt. Problematisch sei dabei zusätzlich, dass relativ wenige auch von erfahrenem Lehrpersonal betreut werden.
Freude am Studium geht verloren
Unter all diesen Belastungen leidet das Studium. Die Dauer liegt bei den Früheinsteigern 2,5 Semester über der von Studierenden, die gar nicht arbeiten und ein Semester über der von Studierenden mit anderen Berufen. Außerdem legen Lehramtsstudierende, die schon unterrichten, nur halb soviele Prüfungen ab wie andere Studierende. Auch die Freude am Studium ist im Vergleich geringer. Früheinsteiger fühlen sich zwar eher auf herausfordernde Situationen in der Schule vorbereitet, gleichzeitig haben sie laut Studie aber überhöhte Vorstellungen von den eigenen Kompetenzen.
Klare Regeln schaffen
Kampa appelliert, die Belastungen der Studierenden durch klare Regeln für den Einsatz an Schulen zu verbessern, etwa durch eine Begrenzung der Unterrichtsstunden oder eine Einschränkung der Zusatzaufgaben. Auch bei akutem Lehrermangel dürfe die Unterrichtsqualität nicht vernachlässigt werden, unterstrichen auch der aktuelle und der frühere Leiter des Zentrums für Lehrer*innenbildung an der Uni Wien, Martin Rothgangel und Manfred Prenzel. "Der Früheinstieg in den Lehrberuf verzögert nicht nur den Studienabschluss, sondern gefährdet die Entwicklung wichtiger berufsrelevanter Kompetenzen", warnen sie. Die großen persönlichen Belastungen könnten Anlass geben, Studium und Beruf aufzugeben. So kann sich laut Studie nur die Hälfte der Früheinsteiger vorstellen, bis zur Pensionierung als Lehrkraft zu arbeiten. Immerhin ein Zehntel will maximal fünf Jahre in diesem Feld bleiben.
Quelle: APA Science