Verpflichtende Elterngespräche

Elterngespräche gehören zum schulischen Alltag – doch was passiert, wenn Eltern sich hartnäckig weigern, daran teilzunehmen? Bildungsminister Christoph Wiederkehr (Neos) will genau hier ansetzen: Nach dem Vorbild Niederösterreichs sollen verpflichtende Elterngespräche künftig auch an Pflichtschulen gesetzlich verankert werden – inklusive möglicher Sanktionen.

Portraitfoto von Bildungsminister Wiederkehr

Niederösterreich als Vorbild

Mit einer Novelle des Kindergartengesetzes hat Niederösterreich Ende April einen neuen Weg eingeschlagen: Künftig können Landeskindergärten bei gravierendem Fehlverhalten von Kindern – etwa Gewalt oder Mobbing – ein verpflichtendes Elterngespräch anordnen. Bei Verweigerung droht ab September eine Geldstrafe von bis zu 2500 Euro, in letzter Konsequenz sogar eine Ersatzfreiheitsstrafe. Die Maßnahme versteht sich als letzter Schritt nach erfolglosen Kontaktversuchen durch die Lehrenden

Geplante Ausweitung auf Pflichtschulen

Bildungsminister Wiederkehr möchte dieses Modell auch auf Pflichtschulen übertragen. In einem gemeinsamen Arbeitsgespräch mit Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) wurde der politische Schulterschluss gesucht. Da schulische Regelungen in den Kompetenzbereich des Bundes fallen, wäre eine gesetzliche Änderung im Schulunterrichtsgesetz notwendig. Im Bildungsministerium arbeitet man bereits an einem entsprechenden Vorschlag, der einen „stufenweisen Sanktionsmechanismus“ ähnlich dem niederösterreichischen Modell vorsehen soll.

Elternverantwortung im Fokus

Wiederkehr betont: „Eltern tragen Verantwortung für ihre Kinder. Ich erwarte, dass sie sich am Schulleben auch beteiligen.“ Der Vorstoß ist zudem im Regierungsprogramm der aktuellen schwarz-rot-pinken Bundesregierung verankert. Ziel ist eine Stärkung der Erziehungspartnerschaft zwischen Schule und Elternhaus – auch durch gesetzlich verbindliche Maßnahmen.

Kritik und offene Fragen

Kritik kommt von der Gewerkschaft der Pflichtschullehrenden. Vorsitzender Paul Kimberger warnte bereits im März vor einem zunehmenden Rückzug mancher Eltern aus dem schulischen Geschehen. Besonders häufig betroffen seien bildungsferne oder sozioökonomisch benachteiligte Familien. Während Kimberger die Problemanalyse teilt, spricht er sich gegen reine Strafmaßnahmen aus – ein Anreizsystem wäre aus seiner Sicht zielführender. Auch Integrationsexperte Kenan Güngör sieht strukturelle Hürden bei Familien in prekären Lebensverhältnissen.

Ausblick

Wie genau die gesetzliche Umsetzung auf Bundesebene erfolgen soll, ist derzeit noch offen. Klar ist jedoch: Das Thema Elternmitwirkung wird politisch wie pädagogisch weiterhin intensiv diskutiert – mit Blick auf das Kindeswohl und ein gelingendes Miteinander im schulischen Alltag.