Expertenwissen

Sprachbewusstes Methodentraining für den Fachunterricht in der Sekundarstufe

Seit einigen Jahren sensibilisiert eine Fachgruppe von BHS-Lehrkräften gemeinsam mit dem Österreichischen Sprachen-Kompetenz-Zentrum Lehrpersonen und Schulteams der Sekundarstufe für die Förderung der Sprache im Fachunterricht. Warum? Weil fachliches Lernen begleitet sein sollte von einem kontinuierlichen Aufbau von Bildungs- und Fachsprache, um nachhaltig zu sein. 

Häufig verläuft die mündliche Kommunikation erfolgreich. Wenn jedoch Lese- und Schreibaufträge zu erfüllen sind, erkennt man als Lehrperson rasch, ob wesentliche Inhalte aus einem Text erschlossen werden können, der Wortschatz eingeschränkt ist oder es an sprachlicher Korrektheit in einem Text mangelt. Rückmeldungen aus der Praxis zeigen, dass manche Schülerinnen und Schüler bereits mit der deutschen Alltagssprache Probleme haben und daher mit der Bildungs- und Fachsprache im Unterricht oft überfordert sind. Ziel eines sprachbewussten (sprachsensiblen) Fachunterrichts ist es, jene sprachlichen Fertigkeiten zu entwickeln, die Lernende für Bildungserfolg, eine positive berufliche Zukunft und gesellschaftliche Teilhabe benötigen. 
Warum ist es für Lernende schwierig, sich diese Kompetenzen anzueignen? Gründe können sein (vgl. in der Folge ÖSZ-Praxisheft Nr. 30):

  • Es wird sehr wenig gelesen, sowohl in der Schule als auch zuhause.
  • In Unterrichtsmaterialien fehlt es an gezielten sprachlichen Hilfestellungen.
  • Es wird im Unterricht viel mündlich abgehandelt und wenig geschrieben, was Schwierigkeiten bei schriftlichen Leistungsüberprüfungen mit sich bringt.
  • Die Schülerinnen und Schüler kommen aus einem familiären Umfeld, in dem Deutsch nicht die Umgangssprache ist und die Erstsprache auch nur mündlich gebraucht wird.

Viele Schülerinnen und Schüler sind gerade im berufsbildenden Schulwesen mit der Vielfalt an fachsprachlichen Elementen wie z. B. in den kaufmännischen und naturwissenschaftlichen Fächern überfordert, was wiederum zu signifikanten Dropout-Quoten in den unteren Jahrgängen beiträgt. Hier einige Beispiele, an denen Sie sehen, was so genannte „Bildungssprache“ im Unterschied zu Alltagssprache ausmacht:

Alltagssprache Bildungssprache
Sie bauen dort Häuser, wo die Grundstücke billig sind und wo es Öffis gibt. Das Errichten von Immobilien wird durch Faktoren wie Grundstückspreise und Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel bestimmt.
Wenn ich schneller laufe, dann komme ich schneller ans Ziel. Durch die kontinuierliche Erhöhung der Geschwindigkeit beim Laufen kann das Ziel schneller erreicht werden.
Ich muss das tun, was im Vertrag steht und ich brauche das OK vom Bauamt. Es ist ausschlaggebend, dass die Vertragskonditionen eingehalten und baubehördliche Genehmigungen eingeholt werden.

Aus: ÖSZ-Praxisheft Nr. 30 – Sprachbewusster Fachunterricht an berufsbildenden Schulen, S. 17 
Vgl. auch: ÖSZ-Praxisheft 23​​​​​​​: Sprachsensibler Fachunterricht in der Sekundarstufe I

Sprachliches und fachliches Lernen verbinden hilft

Stefan Lamprechter und Robert Riegler – Lehrer an berufsbildenden höheren Schulen in Wien – geben Einblick in Methoden eines sprachsensiblen (sprachbewussten) Fachunterrichts und bringen ansprechende Beispiele und spannende Einsichten aus ihrem Unterrichtsalltag, die bewusst machen, wie wichtig es ist, dass in allen Unterrichtsgegenständen gezielt am Ausbau von Fach- und Bildungssprache gearbeitet wird. Im Zentrum stehen Methoden und digitale Tools zum Trainieren von Wortschatz, Lese- und Schreibkompetenzen. Die Inhalte der Video-Lecture sind für alle Schularten der Sekundarstufe relevant.

Die Video-Lecture wurde von Bildungs-TV, einem Service der Education Group, für das Österreichische Sprachen-Kompetenz-Zentrum realisiert, das im Auftrag des Bildungsministeriums Prinzipien eines sprachsensiblen Unterrichts in die LehrerInnenbildung und Praxis bringt. 

Weiterführende Materialien

Auf der Plattform www.sprachsensiblerunterricht.at​​​​​​​ finden sie zahlreiche Materialien und Unterrichtsbeispiele für unterschiedliche Unterrichtsgegenstände, in denen sprachsensible Methoden veranschaulicht sind. Sie finden dort auch Infos zu Fortbildungsangeboten sowie Referentinnen und Referenten. 


Die Germanistin Carla Carnevale leitet am Österreichischen Sprachen-Kompetenz-Zentrum (ÖSZ) im Auftrag des Bildungsministeriums Entwicklungsprojekte zum „Sprachsensiblen Unterricht“, in denen Praxismaterialien und Fortbildungskonzepte entstanden und entstehen, die den Aufbau bildungssprachlicher Kompetenzen in der Unterrichtssprache Deutsch in allen Gegenständen von der Volksschule bis zur Reifeprüfung zum Thema haben.​​​​​​​