Traumabewältigung in der Schule: Ein Leitfaden

Um „unliebsame Verhaltensweisen“ abzuklären, werden Eltern oftmals dazu angehalten, Psychologen bzw. Psychiater aufzusuchen. Befunde geben tieferen Einblick in das Verhalten des Kindes, und mit den empfohlenen Maßnahmen kann erfolgreich weitergearbeitet werden: Ergotherapie, Logopädie, Reittherapie, Klettertherapie, Legasthenietraining, Arbeit mit frühkindlichen Reflexen… es gibt viele Möglichkeiten, ein Kind zu unterstützen, damit es im Schulsystem optimal lernen kann. Eltern und Lehrer sind oft beruhigt, wenn eine Diagnose gestellt ist: Endlich gibt es eine Antwort auf die Frage, warum sich ein Schüler so verhält, wie er sich eben verhält.

Teenager, der mit dem Kopf an einer Wand lehnt und deprimiert ist

Damit ist das Umfeld erst mal zufrieden, auf die Defizite wird eingegangen, indem außerschulische Unterstützungsmaßnahmen in Anspruch genommen werden. Auf alle Fälle wird das Verständnis für das Kind in dieser Phase größer. Falls diese Maßnahmen nicht die gewünschten Ergebnisse bringen, probieren es suchende Eltern häufig mit „alternativen“ Methoden: Familienaufstellungen, Craniosacraltherapie, Hypnose, Kinesiologie … Die Liste ließe sich endlos fortsetzen. Meistens können Erfolge und Verbesserungen verzeichnet werden. Oft gilt es allerdings auch Grenzen zu akzeptieren. Manchmal geht es an die „Ursachenforschung“: Wer oder was hat dazu beigetragen, dass das Kind dieses und jenes Verhalten an den Tag legt? Wer oder was hat „Schuld“?

Im Laufe der Jahre ist mir immer klarer geworden, dass traumatische Erlebnisse nicht außer Acht zu lassen sind, da sie natürlich Einfluss auf das Verhalten von Menschen haben, aber nicht immer als Ursache erkannt werden.

Wer oder was hat "Schuld"?

Probleme in der Schwangerschaft, Alkoholgenuss, schwierige Geburt, ein Geburtsfehler, zu strenge Eltern, zu wenig strenge Eltern, der Kindergarten, der Vater, die Mutter, die Großmutter, die Nachbarin, die Schule, der Lehrer, die Pädagogin … Die Problematik ist komplex und hat in vielen Konferenzzimmern und Elterngesprächen schon zu heißen Diskussionen und verletzenden Aussagen geführt. Ein Trauma ist nur eines von vielen Erklärungsmodellen. Es erklärt ein vorher nicht erklärbares bzw. nicht verstandenes Verhalten und führt dazu, „anders“ – bestenfalls offener und verständnisvoller – damit umzugehen. Das eine oder andere Licht ist der Pädagogin dabei schon aufgegangen, wenn sie erfahren hat, dass ein Kind traumatisiert ist. Allein dieses Wissen verändert den eigenen Blickwinkel. Mit einem geänderten Verhalten ändert sich auch oft „plötzlich“ das Verhalten der Menschen in unserem Umfeld. Das ist ein faszinierendes Phänomen.

Ein Leitfaden mit Methoden und Ideen für Pädagoginnen und Pädagogen

Manuela Hinterkörner ist seit 1994 Sonderschullehrerin in verschiedensten Bereichen. Dabei sind ihr immer wieder Kinder begegnet, aus deren Verhalten sie nicht schlau geworden ist. Im Rahmen ihres Diplomlehrgangs "Traumapädagogik und Traumazentrierte Fachberatung" schrieb Sie als Abschlussarbeit einen Leitfaden für Pädagoginnen und Pädagogen, der praktische Anregungen, Methoden und Ideen anbieten soll. Ihr ist es wichtig, dass Lehrkräfte in der Praxis angemessen reagieren und damit sensibel, wertfrei und ohne Schuldzuweisungen oder Beleidigungen eine traumasensible Haltung einnehmen können.

Leitfaden als Blätterbuch


Manuela Hinterkörner lebt mit ihrem Mann und drei Kindern in Reichenthal/OÖ. Sie absolvierte das Lehramtsstudium an der Pädagogischen Akademie des Bundes (Linz) für Sonder- und Sprachheilpädagogik. Als Betreuungslehrerin verbessert sie die Beziehungsgestaltung an Schulen durch pädagogische Beratung und Begleitung von Lehrerinnen und Lehrern, Schülerinnen und Schülern, Klassen sowie Eltern. Sie ist Absolventin des Diplomlehrgangs "Traumapädagogik und Traumazentrierte Fachberatung".