Geplante Orientierungsklassen stoßen auf Kritik

Neue Struktur für den Schuleinstieg geflüchteter Kinder
Laut Entwurf sollen schulpflichtige Kinder ohne Erfahrung mit Bildungseinrichtungen vor dem Eintritt in eine Regelklasse bis zu sechs Monate in einer Orientierungsklasse verbringen. Voraussetzung ist ein Orientierungsgespräch zwischen Schulleitung, Kind und Erziehungsberechtigten. Dabei sollen grundlegende Fähigkeiten wie Symbolerkennung, Motorik und Sozialverhalten erfasst werden. Ziel ist es, Kindern mit erhöhtem Förderbedarf ein angepasstes Lernumfeld zu bieten.
Lehrergewerkschaft warnt vor Umsetzungslücken
Die Pflichtschullehrergewerkschaft begrüßt zwar grundsätzlich das Anliegen, sieht aber erhebliche Herausforderungen in der praktischen Umsetzung. Es fehle an Fachpersonal, Dolmetschkräften und klaren Kriterien für die Zuteilung. Gespräche mit Eltern, die das österreichische Schulsystem nicht kennen und kein Deutsch sprechen, seien nur schwer zielführend durchführbar. Zudem wird ein deutlicher Mehraufwand für Schulleitungen befürchtet – besonders in Ballungsräumen mit hoher Zuwanderung.
Forderung nach späterem Start und klaren Zuständigkeiten
Die Gewerkschaft spricht sich dafür aus, die Einführung der Orientierungsklassen auf das Schuljahr 2025/26 zu verschieben. Die Gespräche sollten nicht durch die Schulleitungen, sondern durch die Bildungsdirektionen geführt werden. Auch die schulartenübergreifende Zusammensetzung – etwa gemeinsame Klassen für Volksschulkinder und ältere Jugendliche – wird kritisch gesehen.
Psychologen und Bildungsexperten plädieren für breitere Einbindung
Der Berufsverband der Psychologinnen und Psychologen fordert, dass Schulpsychologie und klinische Fachkräfte in den Prozess eingebunden werden. Ziel sei es, Stigmatisierungen zu vermeiden und Fehleinschätzungen zu verhindern. Die Industriellenvereinigung empfiehlt zudem die Beteiligung von Fachpersonen für Sprachförderung und interkulturelle Pädagogik.
Finanzielle und organisatorische Fragen offen
Mehrere Bundesländer – darunter Tirol und Vorarlberg – fordern eine klare Finanzierung durch den Bund. Auch die Gemeinden erwarten, dass zusätzliche Raum- und Personalbedarfe nicht zu ihren Lasten gehen. Das Finanzministerium plädiert für eine Evaluierung der Maßnahme und die Erstellung eines bundesweit einheitlichen Leitfadens für die Orientierungsgespräche.