Lehrermangel: Rechnungshof übt deutliche Kritik am Bildungsministerium

Schwächen in Prognosemodellen und Datenbasis
Für den Bericht untersuchte der RH die Jahre 2018/19 bis 2023/24 in Bund, Oberösterreich und Tirol. Dabei zeigte sich, dass das Ministerium lediglich für Bundesschulen wie AHS oder BMHS Prognosen zur Fächerverteilung erstellt hatte. Für Pflichtschulen – insbesondere Volks- und Mittelschulen – lagen keine vergleichbaren Daten vor. Auch die Abschätzung der künftigen Absolventenzahlen war laut RH unzureichend.
Zahl der offenen Stellen steigt deutlich
Im Schuljahr 2023/24 waren rund 6.900 Lehrerstellen ausgeschrieben, dem standen nur etwa 5.600 Absolventinnen und Absolventen eines Lehramtsstudiums gegenüber. Für 267 Stellen gab es gar keine Bewerbung. Der Mangel wurde durch ein deutliches Plus an Mehrstunden kompensiert – diese entsprachen etwa 7.000 Vollzeitstellen, 20 Prozent mehr als fünf Jahre zuvor. Besonders hoch war der Anteil fachfremden Unterrichts an Mittelschulen: in Oberösterreich lag er bei 35 Prozent, in Tirol bei 46 Prozent.
Sonderverträge und Quereinstieg unter der Lupe
Immer mehr Stellen wurden über Sonderverträge besetzt – der Anteil stieg auf neun Prozent. In Oberösterreich unterrichteten Studierende mit nur rund einem Studienjahr. Auch das Programm für Quereinsteigende wurde untersucht. Obwohl über 5.000 Personen daran teilnahmen, unterrichteten nur 696 im Schuljahr tatsächlich. Der RH fordert Nachbesserungen, etwa die Einführung eines Selbstbehalts bei der Zertifizierung.
Teilzeitquote als ungenutztes Potenzial
Knapp 40 Prozent des Lehrpersonals arbeiten nicht in Vollzeit, besonders häufig betrifft das Frauen. Laut RH könnten verbindliche Strategien zur Senkung der Teilzeitquote wesentlich zur Verbesserung der Personalsituation beitragen. Dies sei eine bislang ungenutzte Stellschraube im Kampf gegen den Lehrermangel.
Bildungsministerium kündigt Maßnahmen an
Bildungsminister Christoph Wiederkehr erklärte in einer Aussendung, der RH-Bericht bestätige die Dringlichkeit entschlossenen Handelns. Ziel sei es, den Lehrermangel bis zum Ende der Legislaturperiode zu beheben. Geplante Maßnahmen umfassen eine praxisnähere Ausbildung, ein verbessertes Personalmanagement sowie die Weiterentwicklung des Quereinstiegsprogramms. Erste Fortschritte sollen bald sichtbar werden.