Lehrermangel - Ungleichgewicht nach Fächern

Schon seit Jahren gibt es an den Schulen in Fächern wie Mathematik, Physik, Informatik oder Sport zu wenig voll ausgebildetes Personal, während in anderen Fächern wie Geschichte oder Geografie ein Überschuss an Lehramtsabsolventinnen und Absolventen verzeichnet wird. Dieses Ungleichgewicht setzt sich an den Hochschulen auch aktuell fort, wie die Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage der SPÖ durch Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) zeigt. Der "Nachschub" an Lehrkräften ist je nach Fach unterschiedlich.

Weniger Lehrernachwuchs bei Mathematik

Demnach waren im Wintersemester 2021/22 rund 5.200 Studierende für das Lehramtsstudium Geschichte in der Sekundarstufe (Mittelschule, AHS, berufsbildende mittlere und höhere Schule) eingeschrieben, das sind nur 400 weniger als für das mit deutlich mehr Stunden ausgestattete Hauptfach Englisch. Verhältnismäßig viele Studierende gibt es auch in den Nebenfächern Geografie (3.600) und Biologie (2.900). Physik und Informatik, in denen es in mehreren Ländern Personalknappheit gibt, wird auch jetzt vergleichsweise selten studiert (knapp 1.000 bzw. 600 Studierende).

Ungleichgewicht zwischen Deutsch und Mathematik

Ein Ungleichgewicht gibt es auch unter den Hauptfächern: Für diese ist jedoch in den Stundentafeln eine sehr ähnliche Stundenzahl vorgesehen. Während aber knapp 5.600 Studierende sich derzeit in Englisch und 4.500 in Deutsch ausbilden lassen, sind es bei Mathematik mit 3.200 Studierenden deutlich weniger. Dabei muss allerdings beachtet werden, dass bei einem Lehramtsstudium immer zwei Unterrichtsfächer bzw. ein Unterrichtsfach und eine Spezialisierung (z.B. Inklusive Pädagogik) kombiniert werden müssen.

Insgesamt waren im Wintersemester 2021/22 knapp 18.600 Personen für ein Lehramtsstudium Sekundarstufe eingeschrieben. Rund 80 Prozent davon waren prüfungsaktiv, haben also Leistungen von mehr als 16 ECTS pro Studienjahr erbracht (30 ECTS entsprechen einem Semester Vollzeitstudium, Anm.). Der Dropout lag nach vier Semestern bei 36 Prozent.

Ein Studium für den Volksschulbereich haben rund 7.400 Personen belegt, davon waren zwischen 97 und 99 Prozent prüfungsaktiv. Die Studienabbruchquote ist mit 12 Prozent deutlich niedriger als in der Sekundarstufe.

Viele steigen nicht vollbeschäftigt in den Beruf ein

Der Bedarf in den kommenden Jahren wird vom Bildungsministerium mit jeweils rund 3.000 Vollzeitäquivalenten jährlich angegeben, davon 1.200 in der Volksschule und 1.800 in der Sekundarstufe. Dabei ist aber zu beachten, dass viele junge Lehrkräfte nicht als Vollbeschäftigte in den Beruf einsteigen.

Die Lehrerausbildung wurde 2015/2016 umgestellt. Für die Volks- und Mittelschulle hat sich die Ausbildungsdauer im Vergleich zu früher auf sechs Jahre verdoppelt, an den AHS und BHMS (berufsbildende mittlere und höhere Schulen) dauert sie eineinhalb Jahre länger als davor. Außerdem werden Lehrkräfte nicht mehr für bestimmte Schultypen ausgebildet, sondern für Altersgruppen (Primarstufe bzw. sechs- bis neunjährige Schülerinnen und Schüler, Sekundarstufe bzw. zehn- bis 19-Jährige). Zuletzt haben sich angesichts des verschärften Lehrermangels Stimmen für eine Verkürzung der Ausbildung gemehrt. Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) kündigte an, man prüfe die gesamte Lehrerausbildung auf Verbesserungspotenzial.

Für SPÖ-Bildungssprecherin Petra Vorderwinkler steht angesichts der insgesamt rund 26.000 Lehramtsstudierenden für Volksschule und allgemeinbildende Fächer der Sekundarstufe fest, dass es genug Personen gibt, die gerne Kinder unterrichten würden. "Offenkundig passen die Bedingungen aber nicht mehr. Sich häufende psychosoziale Probleme junger Menschen, ständig mehr werdende administrative Aufgaben, Corona, Distance-Learning - die zusätzlichen Herausforderungen für Lehrerinnen und Lehrer werden immer mehr statt weniger und niemand sieht hin", so Vorderwinkler in einer Stellungnahme. Sie fordert Maßnahmen, um das öffentliche Ansehen des Lehrberufs zu verbessern sowie bessere Rahmenbedingungen etwa durch administratives Unterstützungspersonal, mehr und vor allem frühere Praxis in der Ausbildung sowie mehr Personal aus anderen Berufsgruppen an den Schulen, etwa aus den Bereichen Musik und Sport.

Quelle: APA Science