Leistungsdruck und Perfektionismus belasten fast die Hälfte der Jugendlichen

Eine österreichweite Befragung unter mehr als 14.000 Schülerinnen und Schülern macht deutlich: Fast die Hälfte strebt nach Perfektion und empfindet den Leistungsdruck als belastend. Besonders die Schule, aber auch familiäre Erwartungen und soziale Medien werden als Hauptquellen genannt. Fachleute warnen vor psychischen Folgen und fordern mehr Präventions- und Unterstützungsangebote.

Hoher Anspruch an sich selbst

Laut den aktuellen Daten der Initiative „Mental Health Days“ wollen 49,7 Prozent der befragten Kinder und Jugendlichen perfekt sein. Psychotherapeutin Barbara Haid vom Österreichischen Bundesverband für Psychotherapie warnt, dass dieser Perfektionismus auf Dauer krank machen könne. Selbstwert werde häufig über Leistung stabilisiert, was zu einem gefährlichen Kreislauf führe. Entscheidend sei, auch Niederlagen zu akzeptieren und mit Rückschlägen umzugehen.

Schule als Hauptquelle des Drucks

Mit 6.163 Nennungen steht die Schule an erster Stelle der Faktoren, die Druck verursachen. Noten werden zwar vergleichsweise seltener genannt, dennoch empfinden viele die Erwartungshaltung als belastend. Auch die Rolle der Eltern wird kritisch gesehen: 1.174 Mal nannten Kinder und Jugendliche ihre Erziehungsberechtigten als Druckfaktor – meist nicht aus böser Absicht, sondern aus Sorge um die Zukunft der Kinder.

Doppelte Belastung bei Lehrlingen

Besonders herausfordernd ist die Situation für Lehrlinge, wie Jugendbeiratsmitglied Julia Miklas schildert. Neben dem Anspruch, in der Berufsschule gute Leistungen zu erbringen, müssen sie auch im Betrieb den Erwartungen gerecht werden. Ein Beispiel aus ihrer Lehrzeit verdeutlicht zudem die begrenzten Kapazitäten der Schulpsychologie: Bei einem Todesfall in ihrer Klasse konnte eine Psychologin nur kurzzeitig vor Ort sein, da sie für mehrere Schulen gleichzeitig zuständig war.

Soziale Medien und Handysucht als Verstärker

Ein weiteres zentrales Thema ist die Nutzung digitaler Medien. Bildungsminister Christoph Wiederkehr sieht Handysucht als ebenso ernst zu nehmend wie Alkohol- oder Nikotinsucht. Der Zusammenhang zu Leistungsdruck, insbesondere durch soziale Medien, sowie zu Mobbing sei offensichtlich. Daher wurden in Schulen handyfreie Zonen eingerichtet, um einen bewussteren Umgang zu fördern.

Ausbau von Unterstützung und Prävention

Seit dem Start 2022 haben die „Mental Health Days“ mehr als 200 Schulen erreicht, mit insgesamt rund 150.000 jungen Menschen in acht Bundesländern. Im vergangenen Jahr wurden 2.600 Workshops an 230 Schulen abgehalten. Um die psychologische Betreuung zu verbessern, sollen im laufenden Schuljahr 73 zusätzliche Stellen geschaffen werden. Bis 2026/27 ist ein weiterer Ausbau um jeweils 70 Posten geplant. Außerdem sollen Präventionsprogramme erweitert und verpflichtende Gespräche eingeführt werden, wenn ein Schulabbruch droht.

Ziel: flächendeckende Präventionsarbeit bis 2030

Die Vision der „Mental Health Days“ ist ehrgeizig: Bis 2030 sollen alle rund 2.500 Schulen der Sekundarstufen 1 und 2 in Österreich erreicht werden. Für den Vollausbau werden jährlich etwa acht Millionen Euro benötigt. Initiator Golli Marboe betont, dass Prävention und psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe seien.