Teil 12: Positiv kommunizieren

Frau Graf hat gerade das Ritual „Wechsel vom Sitzkreis an den Platz“ erklärt und sagt jetzt zu ihrer 5. Klasse: „Wir üben es gleich mal ein“. Nehmen wir an, sie hat das jetzt schon zweimal geübt – es klappt aber immer noch nicht. Was jetzt?

Legende: SuS= Schülerinnen und Schüler, S= Schülerin oder Schüler, L= Lehrperson, KG= Kleingruppe

Schülerin lacht mit Lehrerin

Sie könnte sagen: „Was seid ihr nur für eine Klasse – jetzt haben wir es schon zwei Mal geübt und ihr könnt es immer noch nicht“. Und was wäre der Effekt? Sie würde damit den Widerstand ihrer Schüler anstacheln und sich ihre Arbeit erheblich erschweren. Was sie stattdessen tun könnte, lesen Sie hier.

Deshalb sagt sie: „Es klappt schon viel besser als beim ersten Mal. Die meisten von euch haben es schon geschafft. Prima. Strengt euch nochmal an, dann schafft ihr es.“ Mit ihrer Stimme und ihrer ganzen Haltung drückt sie Anerkennung, Zuversicht und Optimismus aus.

Ob die Einführung eines Rituals gelingt oder nicht, entscheidet sich durch die Art und Weise, wie die L kommuniziert.
Aber was, wenn es dann beim dritten Mal immer noch nicht klappt? Und die SuS schon etwas genervt reagieren?

Dann ist höchste Zeit, das Üben erstmal zu beenden. Frau Graf sagt, „ihr habt euch gesteigert. Manche von euch können es sogar schon richtig gut - klasse!“ Und nach einer kurzen Pause fährt sie fort, „und morgen probieren wir es noch mal. Ich bin sicher, dass ihr es dann alle richtig gut schafft“. Jetzt wissen alle: Frau Graf legt wirklich Wert darauf, dass alle ihren Anweisungen nachkommen. Und am nächsten Tag sagt sie dann vielleicht, „Wer möchte mal zeigen, dass er es noch kann?“

Liste: „Positiv kommunizieren“

  • Achten Sie auf die Schritte ihrer SuS in die richtige Richtung – und melden sie diese wertschätzend und anerkennend zurück.
  • Ignorieren Sie die kleinen Dinge, die die SuS noch nicht ganz so gut schaffen.
  • Zeigen Sie wohlwollende Präsenz vor allem bei den SuS, die sich mit dem Ritual schwer tun; d. h. halten Sie sich ganz in deren Nähe auf, um ihnen unkompliziert dabei helfen zu können, sich zu verbessern.
  • Zeigen Sie Begeisterung für die kleinen Fortschritte. Machen Sie kleine Erfolge Ihrer Klasse zu großen. Spenden Sie großzügig Lob und Anerkennung.
  • Aber bleiben Sie klar und eindeutig in Bezug auf Ihre Forderungen. Machen Sie klar, dass Sie erwarten, dass Ihre SuS das Ritual korrekt einhalten. Sie könnten z. B. einigen SuS, die sich noch schwer tun, motivierend zuflüstern: „Das kannst du noch besser, wenn du dich richtig anstrengst.“
  • Üben Sie, beispielsweise zu Hause, motivierendes Sprechen und Begeisterung zeigen. Emotionen stecken an – positive wie negative.

Das nächste Kapitel erklärt Ihnen, warum Ihre SuS Ihre Anweisungen genau befolgen müssen.


Christoph Eichhorn ist Schulpsychologe in der Schweiz und Autor zum Thema Classroom-Management. Er arbeitet als Lehrbeauftragter an Universitäten und Pädagogischen Hochschulen in Deutschland, Österreich und der Schweiz und gibt Workshops, Online-Workshops und hält Vorträge zu Classroom-Management.

 

  • Eichhorn, C. (2015): Classroom-Management: Wie Lehrer, Eltern und Schüler guten Unterricht gestalten. Klett-Cotta. 8. Aufl.
  • Eichhorn, C., von Suchodoletz, A., (2014): Die Klassenregeln. Guter Unterricht mit Classroom-Management. Klett-Cotta, Stuttgart
  • Evertson, C., Weinstein, C. (2006): Handbook of Classroom Management. Research, Practice and Contemporary Issues.