Teil 13: Auf genaue Einhaltung bestehen

Angenommen, beim Üben eines Rituals haben die Schüler einer 3. Klasse das Ziel schon weitgehend erreicht. Aber noch nicht ganz. Ihre L könnte jetzt zu sich sagen: „Wir haben es schon dreimal geübt. Fast alle haben es ziemlich gut geschafft. Ich will es mit meinen Schülern nicht verderben. Also lass ich es durchgehen“. Diese Reaktion ist nachvollziehbar, aber sehr ungünstig. Warum und wie sie stattdessen vorgehen sollte, zeigt Ihnen dieses Kapitel.

Legende: SuS= Schülerinnen und Schüler, S= Schülerin oder Schüler, L= Lehrperson, KG= Kleingruppe

Lehrer klatscht in die Hände eines Schülers

Frau Grafs Schüler würden lernen, „die nimmt es doch nicht so genau“. Und was würde das für die nächste Forderung bedeuten, die Frau Graf an ihre Schüler stellt? Natürlich, dass die Schüler davon ausgehen, auch dieses Mal ihrer Anweisung nicht hundert prozentig nachkommen zu müssen. Das macht es für Frau Graf mit einem Schlag deutlich schwieriger, sich Geltung zu verschaffen.

Und eins müssen wir unbedingt immer im Kopf behalten: Wir arbeiten mit einer Klasse, nicht mit einem einzelnen S. Und was sich in Bezug auf einen Einzelnen schon als ungünstig erweist, nämlich inkonsequentes Verhalten, erweist sich gegenüber einer Klasse als Katastrophe. Je mehr, je schwieriger die Klasse ist.

Lieber weniger hohe Anforderungen an die SuS stellen und deren genaue Einhaltung einfordern, als hohe und sich dann damit zufrieden geben, dass die SuS diese nur zu 70 oder 80 Prozent erfüllen. Das unterstreicht eine Studie von Wahl, Weinert, Huber (1984). Ihre Beobachtungen zum Thema Unruhe im Klassenzimmer gelten auch für unser Thema. „Ein wichtiger Grund für Unruhe im Klassenzimmer ist, dass sich die L mit halbem Erfolg zufrieden geben und den Unterricht bereits wieder fortsetzen, sobald die Unruhe zwar zurückgegangen, aber noch nicht beendet ist. Die L achteten nicht genug darauf, ob wirklich auch sämtliche Schüler der Klasse das erwünschte Verhalten zeigten. Vielmehr versuchten sie oft, mit lauter Stimme, die verbleibende Unruhe zu übertönen (S. 409).

Liste: „Auf genauer Einhaltung bestehen“

  • Eine Lehrperson sorgt dann für ein geordnetes Klassenzimmer, wenn sie darauf besteht, dass ihre SuS ihre Rituale und Routinen genau einhalten
  • fordern Sie deshalb von Ihren SuS, dass sie das Ritual genau einhalten
  • wichtig ist, dass Sie versuchen, dabei unaufgeregt und entspannt zu bleiben
  • wenn Ihre SuS spüren, „unsere Lehrperson legt Wert darauf, dass wir die Rituale und Routinen in unserem Klassenzimmer genau einhalten und sie kann dies auf undramatische Weise realisieren“, sind Sie auf dem richtigen Weg.

SuS mit oppositionellem Verhalten sind für alle L eine enorme Herausforderung. Vor allem, wenn Sie gleich zu Beginn des Übens eines Rituals in die Klasse rufen, „was soll der Quatsch“. Wie Sie solche SuS für sich gewinnen, zeigt Ihnen das nächste Kapitel.


Christoph Eichhorn ist Schulpsychologe in der Schweiz und Autor zum Thema Classroom-Management. Er arbeitet als Lehrbeauftragter an Universitäten und Pädagogischen Hochschulen in Deutschland, Österreich und der Schweiz und gibt Workshops, Online-Workshops und hält Vorträge zu Classroom-Management.

 

  • Eichhorn, C. (2015): Classroom-Management: Wie Lehrer, Eltern und Schüler guten Unterricht gestalten. Klett-Cotta. 8. Aufl.
  • Eichhorn, C., von Suchodoletz, A., (2014): Die Klassenregeln. Guter Unterricht mit Classroom-Management. Klett-Cotta, Stuttgart
  • Wahl, Weinert, Huber (1984): Psychologie für die Schulpraxis