Bildungssprache in allen Fächern lernen

Die Sprache der Wissensvermittlung ist etwas, das Kinder nicht in die Schule mitbringen, sondern dort Schritt für Schritt erwerben - und das nicht nur im Deutschunterricht, sondern quer über alle Fächer, erklärt Carla Carnevale vom Österreichischen Sprachen-Kompetenz-Zentrum. Im Interview erklärt sie, wie sprachsensibler Unterricht in der Praxis aussehen kann.

In Lehrplänen festgelegt

Sprachsensibler Fachunterricht findet in allen Unterrichtsgegenständen statt: So steht es in den didaktischen Grundsätzen der neuen Lehrpläne für Volksschule, Mittelschule und AHS, die seit dem Schuljahr 2023/24 gelten. In der Praxis gestaltet sich das oft schwierig, weiß Carla Carnevale: Sie leitet am Österreichischen Sprachen-Kompetenz-Zentrum (ÖSZ) das Projekt “Sprachsensibler Unterricht” und weiß um die Stolpersteine in der schulischen Kommunikation. 

Unterschied zur Alltagssprache

Wie erwerben Kinder in der Schule Wissen, wie beschreiben, benennen, begründen und interpretieren sie Informationen? All das passiert in der Bildungssprache, die sich in vielen Punkten von der Alltagssprache unterscheidet - zum Beispiel das Wort Spannung, das in der Physik eine gänzlich andere Bedeutung hat als bei der Beschreibung eines Films. Kinder müssen diese spezifische Kommunikationsform erst erlernen und erwerben so im Laufe ihrer gesamten Schulkarriere die Fähigkeit zu unterscheiden, in welchen Situationen sie welches Sprachregister verwenden. Dabei spielt es keine Rolle, egal ob sie Deutsch als Erst- oder als Zweitsprache haben.  

Mehrsprachigkeit gezielt nutzen

Ein sprachsensibler Unterricht bietet den Kindern vielfältige Hilfestellungen, um den Übergang von der Alltags- zur Bildungssprache gut zu bewältigen, zum Beispiel Formulierungshilfen, Mustertexte oder Bildanweisungen. Dabei kann auch Mehrsprachigkeit von Nutzen sein, etwa bei der Frage, warum O das chemische Symbol für Sauerstoff ist. Als weiteres Beispiel nennt Carnevale das türkische Wort “Kardelen” für Schneeglöcken, das wörtlich “durch den Schnee bohren” bedeutet und so ein konkretes Bild der Blume erzeugt. “Das Wissen über die Vermittlung von Deutsch als Zweitsprache ist für jede Lehrperson wichtig, egal in welchem Fach sie unterrichtet”, so die Expertin. Sie rät dazu, sich im Lehrkörper untereinander auszutauschen und gemeinsame Strategien zu entwickeln, wie das Vermitteln der Bildungssprache quer über alle Fächer gut gelingt.